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Resilienz Strategie

10 Punkte Resilienz-Strategie

Claudia Altmann-Pospischek | 12. Oktober 2022
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Jede Patientin meistert das Leben mit Brustkrebs anders, auch abhängig von familiärer Situation und beruflichem Umfeld. Und nicht selten gleicht die Zeit der Behandlung einer wilden Achterbahnfahrt mit unendlich vielen Höhen und Tiefen, die es zu bewältigen gilt. Mag. Claudia Altmann-Pospischek ist selbst seit 13 Jahren an Brustkrebs erkrankt.

Im Video verrät sie euch ihre 10 besten Resilienz-Strategien, die ihr dabei helfen, im Alltag besser mit der Krankheit umzugehen und mehr Widerstandsfähigkeit zu erlangen.

Claudias Resilienz-Strategie

  1. Akzeptiere Deine Krankheit und lebe mit ihr als Beifahrer
  2. Setz Dir Fixsterne auf Deiner Lichterkette des Lebens
  3. Lass Dich in Dein soziales Netz fallen
  4. Suche Dir eine Aufgabe, die Dein Herz erfüllt
  5. Konzentriere Dich auf Deine Bedürfnisse und Deinen Weg
  6. Informiere Dich über die Krankheit & Behandlung
  7. Finde eine/n kompetete/n und empathische/n Onkologen/-in
  8. Nimm psychologische Hilfe in Anspruch
  9. sei aktiv und lebe im Hier & Jetzt
  10. Versuche das Positive in all dem Negativen zu erkennen
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Interview mit Carolin Kotke

„Je mehr wir wissen und uns informieren, desto bessere Entscheidungen können wir treffen.“

Interview mit Diana Neumann.

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Carolin Kotke arbeitet als Brustkrebsaktivistin, Autorin und Ernährungscoach und hat ihr Leben nach der Diagnose Brustkrebs komplett umgekrempelt. Welche Chancen die 34-Jährige in der Krankheit gesehen hat, warum sie uns allen dazu rät, mutiger durchs Leben zu gehen, und warum Ernährung nach wie vor eine so große Rolle in ihrem Alltag spielt, erzählt sie PINK! im Interview.

Was hat sich nach der Diagnose in deinem Leben verändert und was hat die Diagnose mit dir gemacht?

Als ich vor 5 Jahren die Diagnose Brustkrebs bekam, habe ich mir fest vorgenommen, dass wenn ich das durchstehe, ich etwas in meinem Leben ändern möchte. Ich möchte nicht mehr nur träumen oder mir Dinge vornehmen, die ich dann doch eh nie machen werde. Ich möchte einfach mal machen und mein Leben wirklich leben. Ich möchte stolz auf mein Leben zurückschauen können und sagen können, dass ich nichts bereue und etwas zum Positiven bewegt habe.

Und so bin ich nach meiner Brustkrebsdiagnose einfach ausgebrochen und arbeite eifrig an meinen Vorsätzen und Zielen fürs Leben. Es ist der Wahnsinn, wie sich aus der schrecklichsten Zeit meines Lebens auf einmal ganz viele positive Sachen ergeben haben.

Mittlerweile lebe ich auf dem Land, habe meinen alten Job gekündigt, arbeite als Ernährungscoach und versuche meine Reichweite auf Social Media sinnvoll dafür einzusetzen, die Menschen mehr und mehr für einen gesunden und bewussten Lebensstil zu motivieren sowie rund um das Thema Brustkrebs und Vorsorge aufzuklären.

Wie war dein Jahr 2022?

Ereignisreich. Ich denke, das Wort trifft es sehr gut. Dieses Jahr habe ich mir gleich mehrere Träume erfüllt und wenn ich so darauf zurückblicke, fühlt sich mein Jahr 2022 manchmal immer noch surreal an.

Nachdem wir damals nach Beendigung meiner Brustkrebstherapie nach Bali gereist sind, hatte uns dieses Land so sehr fasziniert, dass wir dieses Jahr für zwei Monate von dort aus gearbeitet haben. Mein Partner und ich sind mittlerweile beide selbständig – und was hatten wir zu verlieren?

Also wollten wir es einfach mal versuchen. Es war auf jeden Fall herausfordernd, aber es absolut Wert, denn all die neuen Erfahrungen, Eindrücke und Learnings, die wir daraus gezogen haben, sowie die unvergesslichen Momente werden für ewig währen. Sollten wir nicht alle einfach mal viel mutiger sein? Bei so vielen Dingen frage ich mich mittlerweile „Was hast du zu verlieren?”. Das Leben ist einfach zu kurz, um die Dinge auf morgen und dann wieder auf übermorgen zu verschieben. Doch mein persönliches Highlight dieses Jahr war auf jeden Fall die Veröffentlichung meines Buchs, mit dem ein absoluter Traum wahr geworden ist.

Schon während meiner Brustkrebsdiagnose spielte Ernährung eine sehr große Rolle für mich und half mir durch die Therapie. Ernährung gab mir ein Stück weit Kontrolle zurück und sorgte dafür, dass ich relativ schnell wieder fit wurde. Aus diesem Grund fasste ich auch den Entschluss, eine Ausbildung, als Ernährungsberaterin zu machen und mein Wissen und meine Erfahrungen mit anderen zu teilen und auch ihnen zu helfen.

Und wenn mir jemand vor fünf Jahren erzählt hätte, dass ich all das einmal machen und diese Möglichkeit bekommen würde, dann hätte ich es niemals im Leben geglaubt. Ebenso nicht, dass ich mich für ein Millionenpublikum fürs Fernsehen nackt machen würde (lacht). Anfang des Jahres habe ich nämlich an der Sendung “Showtime of my life – Stars gegen Krebs” teilgenommen und die Hüllen fallen lassen, um mehr Menschen für die Krebsvorsorge zu motivieren. Die Sendung war ein voller Erfolg und für mich war es eine mega krasse und unvergessliche Erfahrung. Da bin ich wirklich über meinen Schatten gesprungen und etwas stolz auf mich und frage mich nun, was das Jahr 2023 überhaupt noch für mich bereithalten soll (lacht).

Gib uns doch dennoch mal einen Ausblick nach vorne: Hast du Vorsätze fürs neue Jahr, Pläne, Ideen, was steht an?

Mein größter Vorsatz ist, genauso weiterzumachen wie zuvor. Ich möchte weiter an meinen Träumen arbeiten und sie Realität werden lassen. Das heißt zum einen, mehr Menschen zu einem gesunden und bewussteren Lebensstil helfen, und zum anderen mehr von der Welt sehen und lernen.

Mein größter Traum für 2023: Nach Afrika reisen und die Löwen sehen. Der Löwe war während meiner Krebsdiagnose nämlich mein Krafttier. Der Song „Like a lion” von Mark Forster lief damals bei mir rauf und runter und bis heute trage ich meinen Löwenring, der mir noch heute meine „Löwenpower” gibt.

Wie lauten deine 3 besten Tipps, um nach der Therapie wieder stärker zu werden?

Da fallen mir direkt gleich drei Punkte ein, die mir wahnsinnig geholfen haben:

  • Natürlich eine gesunde und ausgewogene Ernährung.
  • Das richtige Mindset, Stress reduzieren, seine Bedürfnisse kennen und lernen, auch einmal „nein” sagen zu können.
  • Bewegung und frische Luft! Einer der Gründe, weshalb ich von Hamburg aufs bayerische Land und mitten in die Natur gezogen bin. Mein absoluter Kraftort. Mittlerweile gehen wir regelmäßig an der frischen Luft spazieren oder wandern und ebenso habe ich mit Yoga angefangen.

Welche Verarbeitungsstrategien kannst du Brustkrebspatientinnen empfehlen?

Mir hatte es sehr geholfen, offen über die Diagnose zu sprechen. Mir fiel es anfangs wirklich schwer, mich der Diagnose zu stellen, ich bin in ein tiefes Loch gefallen und ich habe sehr viel verdrängt. Dann fasste ich den Entschluss, ein Brustkrebstagebuch zu schreiben und dieses sogar öffentlich zu machen.

Jeden Monat schrieb ich all meine Gedanken, Kummer und Sorgen nieder. Das half mir, zu verarbeiten und gleichzeitig konnte ich dadurch viele „Gleichgesinnte” finden, denen es ähnlich ging und mit denen ich mich austauschen konnte. Mit einigen bin ich nun sogar eng befreundet. Aber auch die Gespräche mit einer Psychoonkologin hatten mir damals sehr geholfen.

Wie schaffst du es, mit so viel Positivität und Stärke durchs Leben zu gehen?

Dankbarkeit und Wertschätzung. Klar habe auch ich Tage, an denen es mir mal nicht gut geht, die Dinge nicht einwandfrei laufen, oder das Kopfkino mal wieder anfängt. Ich probiere, mich aber einfach immer wieder auf die positiven Dinge im Leben zu fokussieren und den negativen Dingen nicht so viel Raum zu geben.

Ich möchte meine Zeit und meine zweite Chance schließlich sinnvoll nutzen und nicht damit verbringen, mich über alles aufzuregen. Insbesondere über Dinge, die ich eh nicht ändern kann. Denn dafür hatte ich vor meiner Brustkrebsdiagnose viel zu viel wertvolle Zeit verschwendet.

Was ist dein Soforthilfetrick bei schlechter Laune oder negativen Gedanken?

Ich habe eine „Extra Good Vibes-Playlist“. Ebenso helfen mir Spaziergänge in der Natur, Sport oder aber auch Meditationen. Einfach mal bewusst ein- und ausatmen und probieren, die Situation noch einmal aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Ansonsten macht mich Essen glücklich, insbesondere Brokkoli (lacht).

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Lebensgeschichte von Claudia

Lebensgeschichte von Claudia

Claudia Altmann-Pospischek | 31. Oktober 2022
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„Der Krebs ist mein Beifahrer – ich werde ihn nicht mehr los. Aber noch sitze ich hinter dem Steuer und kann mein Leben gestalten“ – diese Metapher beschreibt wohl am besten, wie sich mein Leben mit fortgeschrittenem Brustkrebs anfühlt.

Die Diagnose kam 2013 aus dem Nichts und hat mir sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weggezogen. Mein winziges Mammakarzinom hatte bereits in die Leber und in die Knochen gestreut. Das alles ohne genetische Vorbelastung und trotz regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen; prognostizierte Durchschnittsüberlebenszeit: 2 Jahre. Was folgte, war ein kräftezehrender Therapiemarathon mit Operationen, Chemos, Antihormon-, Antikörper- und zielgerichteten Therapien, Bestrahlungen, Knochenaufbauspritze usw.

Getragen von viel positiver Energie und ausgestattet mit jeder Menge Lebensfreude und Zähigkeit, gelingt es mir mittlerweile, den Krebs seit 9 Jahren im Zaum zu halten, mal besser – mal schlechter. 2018 wurden Bauchfell-Metastasen diagnostiziert und in einer 9-stündigen OP samt Chemo entfernt. Stets an meiner Seite mein Mann Peter, meine Familie und meine FreundInnen. Wie es weitergeht? Die Zukunft wird es zeigen. Ich bin unter Dauertherapie – sämtliche Nebenwirkungen inklusive – bis zum allerletzten Tag. Dabei will ich doch nur eines: nämlich leben; und das möglichst lange. Und Spuren hinterlassen.

Im Laufe der Jahre wurde mir immer klarer, dass ich meinen Fokus auf Brustkrebsaktivitäten richten und Mutmacherin sein will. Mit meinem Blog „Claudias Cancer Challenge“ auf Facebook und auf Instagram möchte ich ein Gesicht und eine Stimme einer Krankheit sein. In Österreich habe ich die Meta Mädels ins Leben gerufen und gemeinsam mit der Krebshilfe unseren dreifarbigen Meta Ribbon realisiert. All das ist der Motor, der mich am Laufen hält.

In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Hochs und Tiefs, gute und schlechte Untersuchungsbefunde, inspirierende Begegnungen und interessante Erkenntnisse; aber auch schlimme Schockerlebnisse und niederschmetternde Diagnosen. Das Leben mit Krebs ist wie eine Achterbahnfahrt. Ich habe gelernt, das Positive in all dem Negativen zu erkennen; mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und den Augenblick zu schätzen. Von Herzen alles Gute für alle Meta Ladies!

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Nicoles Tag der Diagnose

Nicoles Tag der Diagnose

Nicole Kultau | 12. April 2022
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Heute ist der 14. Mai 2010 und das Unfassbare ist eingetreten. Ich – habe – Brustkrebs! Alles Hoffen und Bangen der vergangenen Wochen dahin. Mein Sein fühlt sich an, als wenn es zerbricht – Geist und Körper voneinander getrennt. Ich bin im freien Fall! Und nichts, das mich aufzufangen vermag. Nur Fassungslosigkeit in mir. Ohnmacht!

Vor zwei Monaten feierte ich ahnungslos meinen 41. Geburtstag, vor wenigen Wochen den dreizehnten meines mehrfachbehinderten Sohnes. Justin, den ich über alles liebe und Zeit seines Lebens allein erziehe. Was wird nun? Ich habe Angst, sterben zu müssen. Angst, mein Leben nicht mehr leben zu dürfen. Angst, meinen Sohn nicht aufwachsen zu sehen, für ihn nicht mehr Mama sein zu dürfen und all die Dinge zu tun, die ich mir doch so sehr wünsche, erleben zu dürfen. In mir brennt alles…

Es fing vor einigen Wochen so harmlos an. Im April war ich zu einem Termin bei meiner Frauenärztin Frau Dr. P, da meine Periode seit einigen Wochen überfällig war. Beim Abtasten meiner linken Brust sprach sie mich auf eine Verhärtung an. Ob mir diese aufgefallen sei? Um ehrlich zu sein: Nein! Zu diesem Moment bin ich davon ausgegangen, dass diese Verhärtung in meiner Brust mit meiner überfälligen Periode und Hormonschwankungen zusammenhing. Ich verblieb mit meiner Frauenärztin Frau Dr. P dahingehend, dass ich mich nach Einsetzen meiner Periode erneut bei ihr vorstellen würde.

In den folgenden Tagen versuchte ich den Gedanken an den Knoten in meiner Brust zu ignorieren und mich dahingehend zu beruhigen, dass alles gut sein und der Knoten nichts weiter als eine Hormonstörung oder sich eine zumindest harmlose Erklärung finden lassen würde. Nach dem Prinzip: Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Angst

Bilder einer Freundin, die 2006 die Diagnose Brustkrebs erhielt, begleiteten mich in diesen Tagen immer wieder. Und ich tat, was ich nicht tun sollte. Ich informierte mich im Internet über Brustkrebs und was ich zu lesen bekam, ängstigte mich zutiefst. Ich versuchte mich gleichermaßen dahingehend zu beruhigen, dass schon alles in Ordnung mit mir sein wird. Ich ohnehin am besten erst einmal das Einsetzen meiner Periode abwarten sollte, ehe ich mich selbst verrückt machte. Zehn Tage später war es endlich soweit, meine Periode setzte endlich ein und ich fühlte mich beruhigt. In den vergangenen drei Jahren hatte ich immer wieder verstärkt Probleme mit meiner Periode. Entweder sie verspätete sich mit ihrem Einsetzen um mehrere Wochen oder sie hielt sehr lange an, auf Grund von Zystenbildungen in meiner Gebärmutter. Alles in allem eher lästig als besorgniserregend. Ich war mir sicher, dass sich der Knoten in meiner Brust nun endlich auflösen würde. Aber das tat er nicht… Nachts, wenn ich in meinem Bett lag, konnte ich ihn ertasten. Er war nicht immer leicht zu finden, der Knoten in meiner linken Brust, der die Form und die Größe einer Erdnuss aufwies. Aber er war zweifelsfrei da.

Wenige Tage später fand ich mich erneut zur Untersuchung bei Frau Dr. P ein. Bei der gynäkologischen Untersuchung war alles Bestens. Schon einmal gut. Beim erneuten Abtasten meiner Brust meinte meine Ärztin, dass alles in Ordnung sei. Sie könne keinen Knoten mehr ertasten, es sei wohl tatsächlich nur eine hormonelle Störung gewesen. Erleichterung durchflutete mich. Denn genau das, hatte ich von ihr hören wollen. Dennoch brachte ich den Einwand ein, dass ich selbst Schwierigkeiten hätte, den Knoten im Stehen zu ertasten, diesen im Liegen aber meist deutlich spüren könne. Lieber zur Sicherheit einmal mehr nachfragen, dachte ich mir. Hauptsache, es wird am Ende alles gut sein.

Daraufhin bat mich Frau Dr. P auf die Untersuchungsliege. Erneut tastete Sie meine Brust – nun im Liegen – ab und konnte jetzt den Knoten deutlich fühlen. Eine Ultraschalluntersuchung bestätigte den Tastbefund. Anhand des Ultraschallbildes könne sie eine Zyste ausschließen. Eine Mammographie sei nun dringend angeraten. Den Termin machte sie selbst direkt für mich in der Radiologischen Praxis aus, da dieser so kurzfristig als möglich erfolgen sollte. In Anbetracht der Dringlichkeit verließ ich die Praxis meiner Frauenärztin wie betäubt, voller Bangen und Hoffen, dass sich dieser Horror als harmlos erweisen würde; als ein großer Irrtum. Dass mein Körper mich nicht im Stich gelassen, dass alles gut sein würde mit mir.

Es war ein schöner sonniger Apriltag, der Frühling hatte endlich Einzug gehalten und versprach Erholung und Wärme nach einem langen, kalten Winter (und vor allem – mir ging es endlich wieder besser, nach einem Jahr voller Müdigkeit und Orientierungslosigkeit. Und dann sollte mit mir etwas nicht in Ordnung sein, ich vielleicht an Brustkrebs erkrankt sein?) Nein, das konnte, dass durfte nicht sein. Völlig aufgewühlt rief ich Maria an, eine liebe Freundin und ehemalige Arbeitskollegin und bat sie, mich am Donnerstag zur Mammographie zu begleiten.

Arztgespräche

Am 29. April war es soweit. Wir trafen uns in der Radiologischen Praxis. Schick hatte ich mich gemacht, mein übliches Rüstzeug bei unangenehmen Gängen und Terminen. Es war ein gutes Gefühl, Maria an meiner Seite zu haben, sich über alltägliches zu unterhalten und die bange Wartezeit zu überstehen.

Nach Auswertung der Mammographie konnte ich direkt mit dem Arzt sprechen. Er teilte mir mit, keinen auffälligen Befund zu sehen. Er bat mich, dass ich ihm zeigen solle, wo der Knoten liegen würde. Bei der folgenden Ultraschalluntersuchung gab er mir erneut seine Bestätigung, dass der Knoten unauffällig sei, er ein Fibroadenom vermuten würde. Dieses sollte ich von meiner Frauenärztin weiter beobachten lassen und bestätigte erneut, dass der Knoten definitiv nicht besorgniserregend sei. Das war für mich eine wunderbare Nachricht, bei der mir Steine vom Herzen purzelten. Maria erzählte ich überglücklich von der Entwarnung und zur Feier des Tages bummelten wir zu einem Italiener um die Ecke und gönnten uns in der Sonne sitzend einen Prosecco. Noch mal davongekommen, jubelte es in mir!

Es war einer dieser schönen Frühlingstage, die dazu verführen, dem Leben ins Gesicht zu lachen.

Eine Woche später suchte ich frohen Mutes erneut meine Frauenärztin in ihrer Praxis auf, zu einem für mich vermeintlichen Abschlussgespräch. Aber es sollte alles anders kommen. Meine Frauenärztin las sich den radiologischen Arztbrief durch. In dem Brief standen keine guten Nachrichten. Herr Dr. P verglich die Mammographie mit einer früheren aus dem Jahr 2007. Und im direkten Vergleich dieser zwei Mammographien, fielen ihm zwei suspekte Befunde, entsprechend BI-RADS IV auf. Seine Empfehlung lautete, dass dringend eine Magnetresonanztomographie, kurz MRT genannt, durchgeführt werden müsste. Er entschuldigte sich im Arztbrief dafür, dass er die ganze Tragweite der Befundung bei der Erstsichtung nicht erkannte.

Ich falle bei diesen Worten, meine Knochen verlieren ihre Substanz, mir ist heiß und kalt zugleich und ich verstehe gar nichts mehr. Frau Dr. P versuchte mich dahingehend zu beruhigen, dass wir erst die weiteren Untersuchungen abwarten müssten und ich nicht gleich an das Schlimmste denken solle. Sie telefonierte umgehend mit der hiesigen Brustambulanz und bat um einen sofortigen Termin. Am ganzen Körper zitternd verließ ich die Praxis. Ich rannte zu meinem Wagen, um auf dem schnellsten Weg in die Klinik zu fahren.

Und es ging mir alles nicht schnell genug. Die Trottel, die auf der Straße unterwegs waren und mich am Vorankommen hinderten. Die Schwierigkeiten einen Parkplatz auf dem Klinikgelände zu finden. Die Anmeldungsformalitäten in der Klinik. Anschließend der Weg zur Brustambulanz finden und letztendlich in einem kleinen Wartezimmer ohne Fenster auszuharren. Zeit kann so unendlich lang sein! Durch meinen Körper rauschte das Blut, Angst in der kleinsten Zelle meines Seins.

Eine junge Ärztin bat mich in das Behandlungszimmer. Sie sichtete die Mammographie Befunde und nahm eine erneute Ultraschalluntersuchung vor. Ein weiteres Vorgehen sei unumgänglich,aber das wusste ich ja schon. Sie würde in der folgenden Woche einen MRT-Termin für mich ausmachen und das im direkten Anschluss eine Stanzbiopsie des Befundes durchgeführt werden sollte. Ein MRT wird vor allem bei jungen Patientinnen gerne durchgeführt, da bei diesen der Drüsenkörper der Brust wesentlich dichter als bei älteren Damen ist und eine Mammographie oft nicht ausreicht, um sich ein klares Bild von dem Gewebeaufbau einer Brust zu machen. Fünf unendlich erscheinende Tage sollte ich warten, bis es weiter gehen konnte. Oh mein Gott! Der Termin wurde für Mittwoch, den 12. Mai, vereinbart.

Das folgende Wochenende verlief entsetzlich. Keine Nacht, in der ich durchgehend Schlaf finden konnte. Ich versuchte weitere Informationen im Internet einzuholen, um mir besser vorstellen zu können, was in der folgenden Woche alles auf mich zukommen würde. Ich las über die unterschiedlichsten Formen von Brustkrebs, Erfahrungsberichte von betroffenen Frauen und schimpfte mit mir selbst, dass ich mir dies antat. „Bin ich nun eine von diesen Frauen?“ fragte ich mich besorgt und zutiefst verängstigt.

Meine Mutter feierte sonntags ihren 58. Geburtstag. Ich saß in der Familienrunde mit dabei, beobachtete das Lärmen und Geschehen um mich herum und fühlte mich, als wenn ich durch eine unsichtbare Wand von ihnen getrennt wäre. Ich hielt meine Arme um mich geschlungen, um mich zu fühlen und mir Halt zu geben. Jeder Atemzug bereitete immense Schwierigkeiten. Mit meiner jüngsten Schwester sprach ich über meine Angst, dass ich Brustkrebs haben könnte. Manches verstand sie nicht. Für sie war es furchtbar zu sehen, dass ich mich mit meinen Armen selbst hielt. Für sie wirkte es, als wenn ich mich von den Anderen abgrenzen wollte. Dabei wollte ich mich nur halten, dem Schmerz und der Angst in mir Einhalt gebieten. Statt dessen erzählt sie mir, dass ich das Ganze als Chance sehen solle, wenn es denn so sei. Dass ich meinem spirituellen Weg nun endlich folgen und Brustkrebs immer Probleme mit dem Frausein einschließen würde und mich meine „alten Konflikte“ krank gemacht hätten. Dass sie mich unterstützen würde, wo sie nur könne.

Ich verstand nichts mehr, fühlte mich völlig verunsichert und an die Wand gestellt. Ich wollte keinen spirituellen Vortrag hören, sondern hätte mir eine liebevolle Umarmung gewünscht. Ein stilles Gehalten werden, wenigstens für einen kleinen Moment. Ich hatte nicht den Mut ihr zu sagen, dass ihre Meinung in dieser Richtung für mich jetzt nicht wichtig war – aus lauter Angst, dass sie am Ende ja doch Recht haben könnte! Wie ihr die Angst verdeutlichen, die ich um mich und mein Leben hatte, meine Zukunft, mein Sein?

Nicole Kultau Ablauf

Diagnose Brustkrebs – und nun?

„Je mehr wir wissen und uns informieren, desto bessere Entscheidungen können wir treffen.“

Autorin: Nicole Kultau | 12. April 2022

Nicole Kultau Ablauf

Die Diagnose Brustkrebs zieht den Betroffenen den Boden unter den Füßen weg und lässt Patientinnen und Angehörige mit vielen Fragezeichen im Kopf zurück. Nicole, das Gesicht hinter dem Blog „Prinzessin uff dem Bersch“, ist selbst Brustkrebspatientin und erklärt euch, was aus ihrer Sicht nach der Diagnose wichtig ist. 

Arztbriefe dokumentieren: Lass dir von allen Ärzt*innen die Befunde zu deiner Diagnose mitgeben und sammle alle Unterlagen in einem Ordner. So hast du jederzeit selbst Zugriff darauf und kannst diese auch direkt bei weiteren Arztterminen vorlegen. Vergiss nicht, dass du ein Recht darauf hast, alle Arztbriefe ausgehändigt zu bekommen. Alternativ gibt es auch digitale Gesundheitsakten, in denen du online alle Unterlagen sammeln kannst.

Begleitung suchen: Nimm eine enge Bezugsperson zu wichtigen Gesprächen mit und lass dir von den Ärzt*innen und Breast Care Nurses alle Fragen beantworten, die dir durch den Kopf gehen. Hast du kein Vertrauen zu deinen behandelnden Ärzt*innen, kannst du dir jederzeit eine Zweitmeinung einholen – für den Behandlungserfolg ist es ungemein wichtig, dass du dich bei dem Ärzt*innenteam wohlfühlst und an dessen Kompetenzen glaubst. Bei der Suche nach einem geeigneten Brustzentrum kann dir zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Senologie helfen.

Komme ich aus einer mit Krebs vorbelasteten Familie?: Beschäftige dich mit der Frage, ob bei dir evtl. ein familiär bedingter Brust- und Eierstockkrebs vorliegt und für dich womöglich ein Gentest infrage kommt.

Studienteilname in Erwägung ziehen: Erkundige dich bei deinem Behandlungsteam nach der Möglichkeit einer Studienteilnahme. Der große Vorteil für teilnehmende Patient*innen ist, dass sie während der Teilnahme intensiv betreut und dabei von innovativen neuen Therapien profitieren können. Nicht alle Patient*innen kommen für eine klinische Studie in Frage. Dabei spielen das Alter, Vorerkrankungen oder ein bisheriger Therapieverlauf eine Rolle.

Beratung im sozialrechtlichen Bereich einholen: Einen Überblick darüber, welche sozialrechtlichen Ansprüche dir zur Verfügung stehen, kann dir der Sozialdienst deiner Klinik vermitteln. Entsprechende Informationen findest du aber zum Beispiel auch  bei der Deutschen Krebsgesellschaft.

Mit Hilfe von Vollmachten selbstbestimmt leben: Jede*r kann unabhängig seines Alters in Situationen geraten, in der andere für sie/ihn entscheiden müssen. Es liegt an uns, entsprechende Vorsorgen in Form einer Patientenverfügung, Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht zu treffen, da selbst ein Ehepartner oder unsere Eltern mit Beginn unserer Volljährigkeit, nicht immer für uns entscheiden können. Fehlen diese und es kommt zu einer Situation, in der wichtige Entscheidungen nicht mehr selbst getroffen werden können, wird das Amtsgericht einen rechtlichen Betreuer einsetzen – und diesen entweder aus dem Familienkreis oder eine fremden Person bestimmen. Das Bundesministerium für Justiz bietet eine erste wichtige Anlaufstelle für dieses umfassende Thema und stellt Dokumentenvorlagen zur Verfügung.

Beim Ausfüllen der notwendigen Dokumente kann beispielsweise ein Arzt des Vertrauens, ein Hospizverein oder ein Notar helfen.

Aufs Arztgespräch vorbereiten: Gerade in der jetzigen Situation solltest du den Mut haben, dem Behandlungsteam alle Fragen zu stellen, die dir durch den Kopf gehen. Mache dir schon vor diesem Gespräch Gedanken darüber, was du Fragen möchtest und sei auch ehrlich, wenn du nach deinem aktuellen Zustand gefragt wirst. Wie du gut vorbereitest in das Gespräch gehst und welche Fragen du stellen solltest, kannst du auch hier auf meinem Blog in dem Artikel Arzt-Patientenkommunikation - mündige Entscheidungen treffen noch mal nachlesen.

Fertilitätserhalt: Junge Frauen mit bestehendem Kinderwunsch sollten bei der Therapieaufklärung über die Risiken einer therapiebedingten Unfruchtbarkeit und die Möglichkeiten eines Fruchtbarkeitserhalts aufgeklärt werden. Nur dann ist es möglich, geeignete Maßnahmen zur Realisierung eines Kinderwunsches vor Therapiebeginn in die Wege zu leiten und mit der Krankenkasse abzuklären, dass die Kostenübernahme auch tatsächlich von dieser übernommen wird.

Gemeinsam sind wir stärker: Die Zeit von den ersten Verdachtsmomenten bis hin zur Diagnose und zum Abschluss der Behandlungen fordert von unserer Psyche und der unserer Vertrauten unendlich viel Kraft. Nicht wenige von uns fühlen sich diesem Stress hilflos ausgesetzt. Doch das muss nicht sein. Wertvolle Unterstützung kann man beispielsweise über eine psychoonkologische Begleitung erfahren.
Aber auch die Unterstützung in Selbsthilfegruppen und Gesprächskreisen kann eine sehr wichtige Erfahrung sein.
Neben so manchen Foren im Internet bieten Blogs und Social Media eine Möglichkeit des Austauschs mit anderen betroffenen Frauen. Oft entwickeln sich über diesen Weg persönliche Freundschaften im realen Leben.
Dieser Austausch kann unglaublich bereichernd sein und der Seele gut tun, weil man sich in der anderen erkennt.

Nicole wünscht dir und deinen Vertrauensmenschen ein immens großes Kraftpaket, die allerweltbesten Ärzt*innen, viel Liebe, Geduld und Unterstützung auf deinem Weg mit und nach der Diagnose Brustkrebs.

Male

Die Geschichte von Male

„Je mehr wir wissen und uns informieren, desto bessere Entscheidungen können wir treffen.“

Autorin: Male Kirking

Male

Hallo, mein Name ist Male und ich bin 29 Jahre alt. Ich habe mein Abitur gemacht, dann eine Ausbildung zum Mediengestalter digital & Print und habe mich dann als Fotografin und Freelancerin selbstständig gemacht. Ich habe einen Führerschein und 3 jüngere, wunderbare Geschwister.

  • Ich hatte einen tollen Beruf.
  • Ich hatte eine tolle Wohnung.
  • Ich hatte einen tollen Freund.
  • Ich hatte tolle Freunde.
  • Ich hatte ein tolles Auto.
  • Ich hatte Zeit und Geld mindestens einmal im Jahr einen tollen Urlaub zumachen.
  • Ich hatte einen tollen Körper, mit dem ich tanzen konnte wie ich wollte, reden konnte wie ich wollte, mich schminken konnte wie ich wollte, rumspringen konnte wie ich wollte, Sport machen konnte wie ich wollte.

Und doch war ich unzufrieden, wollte ein Leben wie bei Instagram.

Und dann änderte sich alles

Kurz nach meinem 25. Geburtstag erfuhr ich, dass ich einen bösartigen Tumor in der Brust hatte: Krebs. Und gleichzeitig wurde mir die ganze Zeit schwindlig und andauernd habe ich alles doppelt gesehen. Untersuchungen und Chemoplan folgten sofort. Aber wo der Schwindel und die Doppelbilder herkommen?! Keine Ahnung. 

Unzählige Ärzte, unzähliges Achselzucken und das Wichtigste: keine Diagnose. Mein Hausarzt forschte und erkundigte sich, bis er es herausfinden konnte. Es war das PARANEOPLASTISCHE SYNDROM.
Scheiße, aber wenigstens eine Diagnose.

Begriffserklärung:
Wenn ein Tumor auftritt, fängt das körpereigene Immunsystem an diesen zu bekämpfen. Bei dem „Paraneoplastischen Syndrom“ (PNS) wird das eigene Kleinhirm auch als Tumor angesehen und ebenfalls angegriffen und bekämpft.

Mir wird gesagt:
„Sie gewinnen eher im Lotto, als dass Sie PNS bekommen.“

Währenddessen und danach: 

  • Einsetzen eines Ports
  • Chemotherapie
  • Kortisonbehandlung
  • Lumbalpunktionen
  • Haarverlust
  • Immunglobuline
  • Operation des Tumors im Sommer – Halsschlagader – Katheter
  • Antikörpertherapie
  • 2 Plasmapheresen
  • Trombose mit vielen Spritzen
  • Weitere Chemotherapie
  • Bestrahlung
  • Unzählige Tabletten
  • 4 Monate Krankenhausaufenthalt

Dann endlich was positives: kein Krebs mehr. Aber das Paraneoplastische Syndrom bleibt. Also meine Symptome sind folgende:

  • Ich sehe dauerhaft Doppelbilder.
  • Mir ist stark schwindelig.
  • Ich kann nicht mehr gehen.
  • Ich habe Schwierigkeiten zu sprechen. Meine Arme und mein Kopf zittern.
  • Ich mache unkontrollierte Bewegungen. 
  • Ich bin immer müde.
  • Ich bin immer auf Hilfe angewiesen.

Ich arbeite mit Cranio-, Physio-, Ergotherapie und schwimme dagegen an. Aber alles ist nur mit der Hilfe meiner Familie und Freunde sowie eiserner Disziplin möglich. Ich wohne zu Hause, kann meinen Job nicht mehr ausüben, mein langjähriger Freund hat mich verlassen. 

Aber um meiner Kreativität Raum zu geben, habe ich mit Hilfe einen Shop pnsisteinarsch.de aufgemacht, um mein Credo zu verbreiten: Niemals aufgeben.

Niemand kann mir sagen, ob ich wieder gesund werden kann.

Ich würde alles tun, um mein altes Leben wiederzuhaben. Bescheuert, dass ich damit unzufrieden war.

Okka Gundel

Interview mit ARD-Moderatorin und PINK!-Botschafterin Okka Gundel

"Erlaubt es euch, auch mal schwach zu sein!"

Interview mit ARD-Moderatorin und PINK!-Botschafterin Okka Gundel
Okka Gundel

Okka Gundel ist Journalistin und Fernsehmoderatorin und einem großen Publikum aus verschiedenen Sendungen der ARD wie den ‚Tagesthemen‘, der ‚Sportschau‘ und dem ‚Morgenmagazin‘ bekannt. Aufgrund ihrer Brustkrebsdiagnose Anfang 2020 und der anschließenden Therapie musste die 47-Jährige gezwungenermaßen über mehrere Monate vom Bildschirm verschwinden. Heute steht sie nicht nur wieder vor der Kamera, sondern sensibilisiert als PINK!- Botschafterin auch für das Thema Brustkrebs. 

Wie sie sich im Laufe der Behandlung ihre Normalität zurück erobern konnte, wer und was sie auf ihrem Weg am meisten unterstützt hat und welche Auswirkungen die Diagnose auf ihr Familienleben hatte, verriet sie PINK! im Interview.

Okka, was war dein erster Gedanke, als du von der Brustkrebsdiagnose erfahren hast?

Okka Gundel: Mein erster Gedanke war: es ist kein Wunder passiert. Denn schon in dem Moment, als ich den Knoten ertastet hatte, sagte mir meine Intuition, dass es Brustkrebs ist. Und doch hoffte ich bis zuletzt auf ein Wunder. Auf dieses eine Wunder. Als es ausblieb, fühlte ich mich in gewisser Weise bestätigt und irgendwie auch erleichtert, weil dieser Zwischenzustand zwischen Hoffen und Bangen endlich vorbei war.

Fühltest du dich im Moment der Diagnose von deinem Arzt gut abgeholt? 

Nein. Die Radiologin, die mir die Diagnose mitgeteilt hat, war nüchtern, kühl und sachlich. Ihre Schnörkellosigkeit und ihr Schweigen waren mir fast peinlich. Auch wenn es ihr Beruf ist und sie sich tagtäglich in solchen Situationen wiederfindet, sollte bei allen technischen Details auf der menschlichen Ebene ein Fünkchen Mitgefühl mitschwingen. Abgesehen von der Situation bei der Diagnose hatte ich allerdings das große Glück, dass mich sehr empathische Ärzte begleitet und betreut haben, denen ich absolut vertraut habe.

Und wer und was hat dich in der Zeit der Diagnose und Behandlung noch unterstützt und begleitet? 

Meine Familie und meine Freunde – viele Menschen waren für mich da. Das war ein großes Glück. Ich habe mir oft alleinstehende oder auch alleinerziehende Frauen vorgestellt und darüber nachgedacht, wie schwer es für sie sein muss. Ganz anders geholfen – professionell – hat mir meine Psychoonkologin. Bei ihr konnte ich in einem geschützten Raum frei über alle meine Ängste und Sorgen sprechen. Sie hat mich zielsicher und vorausschauend durch die lange Zeit der Therapie navigiert. Jede Woche war ich bei ihr. Durch sie war ich auf alle Tiefen, aber auch Höhen (die gibt’s tatsächlich auch) vorbereitet. Das hat mir Sicherheit zurückgegeben in einer Phase meines Lebens, in der ich zutiefst verunsichert war. Auch tägliche Spaziergänge in der Natur sind für mich damals zu einem Ritual geworden. Egal, wie schlecht es mir ging, danach fühlte ich mich immer besser.

Haben sich Verwandte oder Freunde von dir abgewandt, als sie von deiner Erkrankung erfahren haben, und wie bist du damit umgegangen? 

Bewusst abgewandt hat sich niemand. Und doch können die einen besser und die anderen schlechter eine solche Situation aushalten. Menschen sind verschieden. Was mich tatsächlich gestört hat, waren so lapidare Sätze wie: ,,Ach, Brustkrebs ist doch gut heilbar. Das wird schon!“. Solche Phrasen fand ich persönlich unangebracht. Es bagatellisiert alles, worauf man sich einlassen muss. Die starke psychische Belastung, die Diagnostik und die Fehlersuche durch den ganzen Körper, das Einpflanzen des Ports, die Chemo und ihre Nebenwirkungen, die Operation etc. Ich selbst habe früher auch genau solche Sätze gesagt. Mit meiner Erfahrung und meinem Wissen von heute schäme ich mich fast dafür. Auch zu meiner Mutter, die 2017 die Diagnose Brustkrebs bekam, habe ich solche Sätze gesagt. Grundsätzlich habe ich mich auf die Menschen konzentriert, die mir gut taten. Und das habe ich auch beibehalten. Als besonders wertvoll habe ich Freunde empfunden, die auch an düsteren Tagen für mich da waren. Solche Tage gibt es auch heute noch, auf der mentalen Ebene. Das ist ja nicht plötzlich einfach vorbei. So eine Erkrankung zieht nach.

Welche zusätzlichen Auswirkungen hatte Corona zum Zeitpunkt deiner Diagnose und Behandlung auf dich und deine persönliche Situation?

Es brach bei uns dann einfach mal alles zusammen. Ich in der Chemo, meine Kinder im Homeschooling, mein Mann im Homeoffice, der auch sonst alles übernehmen musste. Einkaufen, kochen, die Wäsche. Das war eine extreme Belastung für uns alle. Auf Abstand zu den Kindern zu gehen, hat mich besonders traurig gemacht. Ich habe ihnen lange Zeit nur Küsschen auf den Nacken gegeben, quasi ohne Körperkontakt. Auch auf dem Sofa lagen wir auf Abstand, Fuß an Fuß. So haben wir uns zumindest ein bisschen berührt. Das oberste Ziel war, mich nicht mit Corona zu infizieren, damit die Therapie weitergehen kann. Zu allen Arztterminen und Behandlungen in der Klinik musste ich wegen Corona auch alleine gehen.

Wie hast du die Erkrankung deiner Familie und deinen Kindern beigebracht?

Erst als die komplette Diagnostik abgeschlossen war, habe ich es den Kindern gesagt. Meine Hoffnung war, ihnen die schlimme Nachricht mit einer guten Botschaft mitteilen zu können. Da keine Metastasen gefunden wurden, konnte ich ihnen sagen, dass ich, wenn die Therapie anschlägt, auch wieder ganz gesund werden kann. Wir saßen damals alle zusammen am Küchentisch. Als ich das Wort ‚Brustkrebs‘ sagte, fingen alle drei sofort an zu weinen. Danach ist jedes Kind anders damit umgegangen. Ich bin wahnsinnig stolz, wie die drei das geschafft haben. Es gehört jetzt zu ihrem Leben dazu und ist natürlich nie vorbei. Wie schlimm es für sie war, merke ich auch jetzt immer wieder oder vielleicht sogar noch mehr als in der akuten Phase der Therapie. Angst vor Krankheiten, Angst vor dem Sterben, Verlustängste, etc. Das sind Themen, die ganz tief in ihnen schlummern. Offen darüber reden hilft am besten, das ist zumindest meine Erfahrung.

Inwieweit hat die Diagnose euer Familienleben verändert?

Auch als Familie freuen wir uns mehr über die kleinen Dinge. Wir alle haben ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass es nicht selbstverständlich ist, dass es jedem gut geht. Ansonsten rege ich mich mittlerweile wieder über die gleichen Sachen auf wie vorher – das werte ich mal als gutes Zeichen. Insgeheim und innerlich rege ich mich allerdings anders auf als zuvor: mit mehr Gelassenheit. Aber das verrate ich natürlich keinem (lacht)

Welche Rolle bei der Genesung hat die Vorstellung/der Wunsch gespielt, wieder in deinen Job zurückzukehren?

Ich habe meinen Beruf immer geliebt. Und noch ein bisschen mehr, als ich ihn dann nicht mehr ausüben konnte. Die Sehnsucht, wieder vor die Kamera zurückzukehren, war immer da. Auch als ein Stück Normalität. Es war eines der Ziele, das mich motiviert und angetrieben hat, durchzuhalten. Manchmal kam es mir weit weg vor, aber ich habe es nie aus den Augen verloren.

Wie wird die Erkrankung Einfluss auf deine Zukunft haben – lebst du bewusster, bist du dankbarer, ängstlicher?

Mich umspült eine große Demut vor dem Leben, immer mal wieder und in ganz unterschiedlichen Situationen. Meistens sind es sogar ganz kleine, banale Dinge, die ich heute noch intensiver wahrnehme als früher. Oft in der Natur. Und ich führe ein noch echteres Leben als zuvor. Ich konnte mich noch nie gut verstellen. Mit der Erfahrung meiner Brustkrebserkrankung versuche ich das auch erst gar nicht mehr.

Wie hat dich die Erkrankung und der Kampf gegen den Krebs verändert?

Vielleicht kann ich es so sagen: Es gab noch nie so viel Okka Gundel wie jetzt. Die Erkrankung hat mich in gewisser Form näher zu mir selbst gebracht. Ich habe mich nochmal kennengelernt. Nicht neu, eher anders, mich selbst erkannt. Das bringen Krisen und Grenzerfahrungen ja oft mit sich. Sie helfen dabei, manche Dinge loslassen zu können, und andere anzunehmen. Dafür bin ich dankbar.

Was würdest du unseren Leserinnen mit auf den Weg geben wollen?

Erlaubt es euch, auch mal schwach zu sein. Ihr müsst nicht immer stark sein oder stark tun. Habt Mitgefühl mit Euch selbst! Das hat mir meine Psychoonkologin gesagt und es hat mich total entspannt.

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Mutterschaft

Wenn Mütter an Brustkrebs erkranken

Nicole Kultau | 13. April 2022

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Nicole vom Blog „Prinzessin uffm Bersch“ ist selbst Mutter und Brustkrebspatientin. Auf ihrem Blog berichtet sie unter anderem von der Herausforderung, trotz Diagnose und Behandlung auch den eigenen Kindern gerecht zu werden und den Spagat zwischen Familienleben und Therapiemarathon zu bewältigen.

Die Diagnose Brutkrebs ist schon für Frauen ohne Kinder ein bedrohliches und extrem einschneidendes Ereignis. Kommen dann noch eigene Kinder ins Spiel, für die man Verantwortung trägt, stellt das eine kaum vorstellbare Belastung dar.

Vor allem die Angst davor, als Mutter seine eigenen Kinder nicht aufwachsen zu sehen und ihnen zuzumuten, ohne Mutter groß zu werden, ist eine der größten Herausforderungen im Rahmen der Krebsbehandlung – sie verbindet alle betroffenen Mütter gleichermaßen.

Für betroffene Mütter hat Nicole in Kooperation mit Selpers den kostenfreien Online-Kurs „Mutter sein mit Krebs“ ins Leben gerufen. Er soll Mütter mithilfe von Tipps und Anregungen dabei unterstützen, das Familienleben im Alltag mit der Erkrankung besser zu organisieren und zu strukturieren – um den Heilungsprozess zu unterstützen und die Entwicklung der Kinder durch einen wertschätzenden Umgang zu fördern.

Auch die Themen Selbstfürsorge und Zurückgewinnung der Lebensqualität spielen eine große Rolle, damit die betroffenen Mütter lernen, achtsam zu leben, innere Bedürfnisse zu erkennen, das Leben wert zu schätzen und den Augenblick zu genießen.

Wie sag ich’s meinen Kindern und welche Bedürfnisse haben Kinder im Zusammenhang mit der Diagnose?

Haben Sie gerade die Diagnose Krebs bekommen, ist eine der ersten Fragen, die Sie sich stellen, sicher auch: Wie sag ich’s meinen Kindern. Die Antwort auf diese Frage hängt vor allem auch vom Alter der Kinder ab.

Generell wird empfohlen, Kinder (auch kleinere) so früh wie möglich mit in die Diagnose und die Behandlung einzubeziehen, um ihr Vertrauen Ihnen gegenüber zu stärken. Die meisten Kinder und Jugendlichen haben feine Antennen und merken sowieso, dass etwas nicht stimmt.

Klären Sie Ihre Kinder altersgemäß auf: Auch kleine Kinder können schon verstehen, was Krankheit bedeutet. Wenn Sie Ihre Situation auf spielerische Weise erklären, werden sie schnell begreifen, was los ist. Erläutern Sie aber nicht alles bis ins kleinste Detail – nur so viel, wie die Kinder ihrem Alter entsprechend verarbeiten können. Dennoch sollten die Informationen natürlich immer der Wahrheit entsprechen. Verwenden Sie einfache Worte und kurze Sätze.

Bereiten Sie die Kinder auf unmittelbar bevorstehende Ereignisse vor: Steht bald der erste Krankenhausaufenthalt an oder können Sie absehen, wann Ihnen durch die Chemo die Haare ausfallen, erklären Sie Ihren Kinder step by step, was passieren wird. Auch Infos wie „Mama wird zwischendurch ein bisschen müder sein als sonst“ helfen Kindern, die Situation einzuordnen.

Nennen Sie Ihre Krankheit beim Namen: Verwenden Sie auch gegenüber Ihren Kindern den Begriff Krebs, damit sie sich auch dann einbezogen fühlen, wenn andere Erwachsene in Ihrem Umfeld Ihre Krankheit so bezeichnen. Ansonsten könnte es passieren, dass ein Kind verunsichert ist und sich ausgegrenzt fühlt.

Schuldgefühle nehmen und Reaktionen beobachten: Kinder und Jugendliche reagieren ganz unterschiedlich auf die Diagnose. Manche werden aggressiv oder weinen, andere ziehen sich zurück oder reagieren mit psychosomatischen Beschwerden wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Schlafproblemen und Co. Lassen Sie gerade älteren Kindern ihren Freiraum, wenn sie das Bedürfnis haben, sich zurückzuziehen.

Machen Sie Ihren Kindern jetzt vor allem klar, dass sie keine Schuld an Ihrer Erkrankung tragen und informieren Sie Kontaktpersonen (z.B. Erzieher*innen oder Lehrer*innen über Ihre Situation), damit diese die Verhaltensänderungen Ihres Kindes beobachten und einordnen können.

Braucht Ihr Kind Unterstützung im Umgang mit Ihrer Krankheit, wenden Sie sich an Ihren Haus- oder Kinderarzt oder an eine psychologische Beratungsstelle. Informieren Sie sich, ob es auch in Ihrer betreuenden Klinik entsprechende Angebote gibt.

Gefühle zeigen: Viele Eltern denken, Sie müssten sich für ihre Kinder zusammenreißen und verkneifen sich zum Beispiel das Weinen. Lassen Sie aber ruhig zu, wenn Sie Ihre Gefühle übermannen. Dadurch lernen auch kleine Kinder schon, dass es völlig in Ordnung ist, seine Emotionen zu zeigen.

Älteren Kindern und Jugendlichen gegenüber können Sie auch zugeben, dass Sie Ihre Situation verängstigt oder überfordert. Es bedeutet eine große Entlastung, wenn Ihre Kinder sehen, dass auch Erwachsene sich Hilfe von Fachleuten und Freund*innen holen.

Unterstützung holen: Ältere Kinder können Sie gut in alltägliche Aufgaben wie Einkaufen, Staubsaugen oder Betten machen einbinden, die Sie selbst aktuell nicht bewältigen können. Vielen Kindern gibt das zudem das Gefühl, gebraucht zu werden und Sie im Kampf gegen die Krankheit unterstützen zu können.

Zeit für Fragen: Machen Sie Ihren Kindern klar, dass sie mit ihren Ängsten und Sorgen nicht alleine sind und jederzeit zu Ihnen kommen können, um Fragen zu stellen oder über ihre Gefühle zu reden.

Wie sag ich’s meinen Kindern und welche Bedürfnisse haben Kinder im Zusammenhang mit der Diagnose?

Als Familie werden Sie bei einer Krebserkrankung nicht alleingelassen. Neben vielen psychologischen Beratungsangeboten für Eltern und Kinder stehen Ihnen eine Reihe weiterer Unterstützungsangebote zur Verfügung.

Haushaltshilfe: Leben Sie mit Kindern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres zusammen, bekommen eine Chemotherapie und sind deshalb nicht in der Lage, Ihren Haushalt selbständig zu organisieren, haben Sie Anspruch auf eine Haushaltshilfe für einen Zeitraum von bis zu 26 Wochen. 
 
Die Kosten für die Haushaltshilfe übernimmt die Krankenkasse, Sie leisten lediglich eine geringe Zuzahlung in Höhe von 10 %. Antragsformulare und Informationen erhalten Sie bei den Krankenkassen, den Unfallversicherungsträgern und den Rentenversicherungsträgern.

Über die Bewilligung, den Umfang und die Dauer der Unterstützung entscheiden die Krankenkassen übrigens ganz individuell auf Grundlage Ihrer aktuellen Situation. 
Informieren Sie sich deshalb am besten so früh wie möglich nach den Voraussetzungen für eine Haushaltshilfe, damit Sie sich nicht damit beschäftigen müssen, wenn Ihnen durch die Therapie die Energie dazu fehlt.

Hilfsangebote von Caritas und Co.: Unterstützung können Sie auch von Beratungsstellen bekommen wie zum Beispiel der Caritas. Eine Übersicht über alle Krebsberatungsstellen bekommen Sie auch beim Krebsinformationsdienst. Alternativ können Sie sich an die Landeskrebsgesellschaften in Ihrem Bundesland wenden. Eine Liste mit Einrichtungen für Kinder krebskranker Eltern hat die Interessengruppe „Kinder krebskranker Eltern“ in der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für psychosoziale Onkologie (dapo e.V.) zusammengestellt. All diese Beratungsstellen unterstützen im Umgang mit der Krankheit und beraten unter anderem bei sozialrechtlichen Fragen, zur finanziellen Absicherung, zur Rehabilitation oder zur Schwerbehinderung.

Kur: Eine Krebsbehandlung ist nicht nur für Sie als Betroffene, sondern auch für Ihre Kinder eine anstrengende und belastende Phase. Ist Ihre Behandlung abgeschlossen, können Sie Ihren Anspruch auf eine Mutter-Kind-Kur prüfen, die vor allem die Mutter-Kind-Beziehung wieder stärken soll. Spezielle Mütterkuren werden zum Beispiel beim Müttergenesungswerk angeboten.

Auch die Rexrodt von Fircks Stiftung bietet krebskranken Müttern und ihren Kindern spezielle Mutter-Kind-Rehas und Kurmaßnahmen an. Hier können Mütter mit Brustkrebs und ihre dadurch mitbetroffenen Kinder nach der Therapie neue Kraft und Mut schöpfen.

Porträt-Diana-Neumann

Interview mit Diana Neumann

„Je mehr wir wissen und uns informieren, desto bessere Entscheidungen können wir treffen.“

Interview mit Diana Neumann.

Porträt-Diana-Neumann

Diana Neumann erkrankte 2013 selbst an Brustkrebs. Heute teilt die selbsternannte ‚Brustkrebslotsin‘ ihre Erfahrungen mit anderen Betroffenen und setzt dabei auf Aufklärung in Form von Selbsthilfe. Wir haben mit Diana fürs PINK! Magazin über ihre Erfahrungen und ihren persönlichen Werkzeugkoffer während ihrer Behandlung gesprochen und sie verrät, warum es für eine bessere Aufklärung bei Brustkrebs aus ihrer Sicht noch viel zu tun gibt.

In deinem Blog klärst du nicht nur auf, sondern machst auch Mut und bietest kostenlose Hilfe zur Selbsthilfe an. Was ist deine Intention, warum tust du das?

Als ich im Jahr 2013 die Diagnose Brustkrebs erhalten habe, bin ich – wie jede von uns, die betroffen ist – in ein tiefes Loch gefallen. Und obwohl mich meine Familie in der schweren Zeit sehr getragen hat, hatte ich das Gefühl, allein zu sein. Die gutgemeinten Aufmunterungen wie „Du schaffst das schon“ haben mir nicht wirklich geholfen. 

 

Als meine Akutbehandlung beendet war und ich wieder arbeiten ging, reifte in mir immer mehr der Gedanke, etwas „Sinnvolles“ tun zu wollen. Ich erinnerte mich an ein Schlüsselerlebnis, das ich im Brustzentrum hatte, als ich nach der Implantat-OP auf meine Papiere wartete. Eine Frau beobachtete mich. Mit meinem Mützchen auf dem Kopf war offensichtlich, dass ich keine Haare hatte. Sie fasste wohl ihren Mut zusammen und sprach mich an. Ob ich Chemo gemacht hätte und wie schlimm es wäre, wollte sie wissen. Ich lächelte sie an und sagte ihr, dass es schlechte Tage gäbe, aber auch viele gute, dass sehr viel gegen die Nebenwirkungen getan würde und es machbar wäre. Mehr Zeit hatten wir nicht, aber ich hörte in dem Moment einen Stein dieser Frau plumpsen, sie schien für den Augenblick beruhigt. Ich denke, ich konnte ihr in dem kurzen Moment ein Fünkchen Mut und Hoffnung geben. Das war ein schönes Gefühl.

Nicht jede an Brustkrebs erkrankte Frau möchte sich einer Selbsthilfegruppe anschließen. Entweder gibt es keine oder wenige Angebote oder aber die Frauen befürchten, dass die Gespräche um das Thema Krebs sie emotional runterziehen und sie die „Last“ anderer erkrankter Frauen nicht mittragen möchten.  Das ist auch völlig o.k. so. Aber auch sie wollen aufgefangen werden. Möglicherweise ist meine Begleitung für diese Frauen eine gute Alternative.

Aus alledem ist die Idee entstanden, dass ich anderen betroffenen Frauen als ihre ganz persönliche Begleiterin zur Seite stehe, ihnen den Funken Mut und Hoffnung gebe, den sie so dringend brauchen, aber auch ganz praktische hilfreiche Tipps, um gut und vor allem aktiv durch die Behandlung zu kommen. Und das entweder in persönlichen Gesprächen oder auch in meinem Blog.

 

 

Inwieweit hat dir das, was du jetzt tust/anbietest, bei einer eigenen Brustkrebserkrankung geholfen?

Ich habe mir damals meinen persönlichen „Werkzeugkoffer“ für die Zeit der Behandlung und auch danach zusammengestellt. Wenn es mir nicht gut ging/geht, überlege ich mir, was ICH tun kann: Atmen, Beten, Meditieren, Tagebuch schreiben, ein Bad nehmen, einen Spaziergang machen, mit jemanden sprechen,… Ich suche immer nach einer Lösung oder einem Weg, der mein Wohlbefinden steigert. Das alles kommt in den Werkzeugkoffer.

Ein gutes und sicheres Gefühl mit dem Werkzeugkoffer zu haben, ist mir dabei wichtig. Darauf kann ich, wenn es brenzlig wird, zurückgreifen. Das kann Ängste lindern. Dieses Werkzeug gebe ich gerne weiter.

 

 

Du bietest auf deiner Homepage unter anderem eine Zusammenfassung des PINK! Kongresses an. Wie kamst du auf PINK! und hättest du gerne während deiner Erkrankung selbst jemanden wie PINK! an deiner Seite gehabt?

Ich verfolge die Arbeit von PINK! auf den Social-Media-Kanälen schon länger. Es ist großartig, mit welch großem Engagement ihr euch für Frauen mit Brustkrebs einsetzt, vor allem medizinisch und wissenschaftlich fundiert, und was ihr in der relativ kurzen Zeit, in der es euch gibt, auf die Beine gestellt habt. Sei es die App PINK! Coach, die Patientinnen kostenlos als Begleiter während der Therapie und in der Nachsorge zur Verfügung steht, oder auch der Kongress.

Beim Kongress gab es so viele Information und Vorträge, dass es einem schon ganz schwummerig wurde. Deshalb habe ich eine kleine Zusammenfassung von den Themen des Kongresses gemacht, die ich persönlich sehr interessant finde, nämlich die insbesondere Lebensstilfaktoren betreffen.

Natürlich hätte ich 2013, als ich die Diagnose bekam, gerne solch eine Unterstützung durch gut aufbereitetes und fundiertes Wissen zum Thema Brustkrebs bekommen und darauf zurückgreifen wollen. Eine App gab es damals nicht.

Die meisten betroffenen Frauen beginnen sofort nach der Diagnose, alles zum Thema Brustkrebs zu googlen, was ja auch verständlich ist. Das habe ich auch gemacht. Aber häufig ist es gar nicht so leicht, auf Anhieb wirklich gute und hilfreiche Informationen im Netz zu finden. Vor allem die Beiträge in Krebsforen haben mich mehr erschreckt, als sie mir genutzt hätten.

Dann ist es sehr hilfreich, wenn betroffene Frauen ganz schnell auf die Seite von PINK! geraten, sie alles aus einer Hand zum Thema Brustkrebs erfahren und zum Beispiel mit Hilfe der App PINK! Coach einen Fahrplan durch die Behandlung erhalten.

Ich habe mir vieles von dem, was heute zu Themen wie Ernährung, Bewegung und Entspannung bekannt ist, noch selbst „erarbeiten“ müssen (was mir aber auch Spaß macht).

 

 

Welche Rolle spielt deiner Meinung nach Aufklärung im Zusammenhang mit der Brustkrebserkrankung?

Aufklärung ist immer gut. Je mehr wir wissen und uns informieren, desto bessere Entscheidungen können wir treffen. Nicht nur für die Behandlung, sondern auch für unser Leben. Das macht uns stark statt ohnmächtig.

Das betrifft sowohl das Bewusstsein für das regelmäßige Abtasten der Brust und der Gang zu den Vorsorgeuntersuchungen, als auch eine gute Selbstfürsorge, zu der für mich auch eine bunte Ernährung und regelmäßige Bewegung gehört, aber auch, immer wieder Ruheinseln für sich zu schaffen und gute soziale Kontakte zu haben.

Lebensstilfaktoren sind nicht zu unterschätzen und gehören für mich genauso in die Aufklärung zur Krebsprävention und zur Senkung des Rezidiv-Risikos.

 

 

Und wie schätzt du selbst als ehemalige Patientin die aktuelle Lage ein, wenn es um diese Aufklärung geht?

Inzwischen gibt es schon sehr viel medizinische Aufklärung im Zusammenhang mit Brustkrebs, auch weil auf diesem Gebiet unermüdlich geforscht wird und das Thema in der Gesellschaft bei den vielen jährlich neu erkrankten Frauen sehr präsent ist. Nicht zuletzt, weil sich auch viele betroffene Frauen aus der Öffentlichkeit zeigen und auf die/ihre Erkrankung Brustkrebs aufmerksam machen.

Ich persönlich würde mir wünschen, dass Lebensstilfaktoren noch viel stärker in die Aufklärung mit eingebunden würden, weil der Lebensstil etwas ist, das jede Frau selbst in der Hand hat und ihre Gesundheit und Wohlbefinden damit aktiv unterstützen kann.

 

 

Was würdest du dir für die Zukunft für an Brustkrebs erkrankten Frauen wünschen, was soll/muss sich ändern?

Zum einen würde ich mir wünschen, dass für jede an Brustkrebs erkrankte Frau – wenn sie es denn möchte – eine Brustkrebslotsin oder Begleitung an ihrer Seite stünde. Und dass es dieses Angebot ganz unkompliziert und ohne große Bürokratie über die Brustzentren, Kliniken, Krankenkassen oder auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte gäbe. Vielleicht ähnlich, wie Hebammen schwangere Frauen begleiten, was inzwischen auch selbstverständlich geworden ist.

Zum anderen würde ich mir wünschen, dass die Schulmedizin noch viel mehr auf Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Bewegung und Entspannung eingeht und komplementäre Behandlungen wohlwollend betrachtet und in die Therapie mit einbezieht.

Ich glaube, es tut jeder Frau gut zu wissen, wie viel wir selbst für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden tun können. Aber auch zu wissen, dass wir von einem Sicherheitsnetz umgeben sind, gerade wenn es uns nicht gut geht.

 

Welchen Rat möchtest du Betroffenen noch mitgeben?

Auch, wenn es für euch in diesem Augenblick so viele Schattenmomente gibt: Schatten wird von Licht gemacht. Es wird also auch wieder viele lichte Momente geben. Stellt euch euer „Unterstützer-Team“ zusammen, das aus Familie, Freunden, Ärztinnen/Ärzten und Therapeuten besteht, denen ihr vertraut und die an eurer Seite stehen, mit euch an einem Strang ziehen und euch anfeuern und Mut machen.

 

Ihr müsst die Erkrankung nicht allein durchstehen. Holt euch Hilfe! Und denkt dran: Wir alle haben einen inneren Arzt und Selbstheilungskräfte in uns. Denen wollen wir einen ordentlichen Schubs geben!