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Unter der endokrinen oder antihormonellen Therapie (Antihormontherapie) versteht man eine medikamentöse Therapie bei Brustkrebs bei hormonempfindlichen Tumoren (Östrogenrezeptor (ER) und/oder Progesteronrezeptor (PR) sind „positiv“). Sie ist eine äußerst wirksame und wichtige Behandlungsmöglichkeit bei Brustkrebs, die bei vielen Patientinnen das Risiko für einen Rückfall oder ein Fortschreiten der Erkrankung senkt.
25.02.2021
Eine Form der Antihormontherapie verhindert die Bildung von Östrogenen (weibliche Geschlechtshormone), die hormonempfindliche Brustkrebszellen quasi „füttern“ und zum Wachstum anregen (Medikamente: Tamoxifen, Fulvestrant). So kann das Wachstum hormonempfindlicher Tumorzellen verhindert werden. Das funktioniert aber nur bei Zellen, die hormonempfindlich sind (ER und/oder PR positiv). Das Prinzip der Hormonwirkung wird oft mit einem Schlüssel-Schloss-Prinzip verglichen: Hormonempfindliche Tumorzellen haben ein „Schloss“, in das der „Schlüssel“, also die weiblichen Geschlechtshormone (Östrogen und Progesteron), passen. Binden die Hormone an die Hormonrezeptoren (HR), also ER und PR, bewirken sie ein Wachstum der Zelle. Die Antihormontherapie-Medikamente wiederum besetzen und blockieren das Schloss, so dass das Wachstum der Zelle gehemmt wird. Dabei gilt: Je höher die Hormonrezeptor (HR)-Expression, desto abhängiger ist die Krebszelle von den Hormonen und umso besser funktioniert eine Antihormontherapie.
Eine weitere Form der Antihormontherapie bewirkt, dass weniger weibliche Geschlechtshormone gebildet werden, indem ihre Herstellung blockiert wird (Medikamente: Aromatasehemmer, GnRH Analoga). Dadurch kommen weniger Hormone an den hormonempfindlichen Tumorzellen an und regen diese dadurch auch weniger zum Wachstum an.
Für die Höhe der Hormonempfindlichkeit (HR-Expression) von Brustkrebszellen gilt die folgende Einteilung:
Die Antihormontherapie wird in allen Phasen der Brustkrebstherapie erfolgreich eingesetzt:
Bei der Auswahl der für Sie passenden Antihormontherapie werden vor allem drei Dinge beachtet:
Tamoxifen
Aromatasehemmer (Aromataseinhibitoren, AI)
GnRH Analoga
Fulvestrant
Die adjuvante Antihormontherapie ist ein sehr wichtiger Baustein der Therapie eines hormonempfindlichen Brustkrebses. Sie verringert Ihr Risiko eines Rückfalls und halbiert sogar das Risiko, dass Sie auch in der anderen Brust Krebs bekommen. Wenn Sie die Antihormontherapie konsequent und mindestens fünf (bis 10) Jahre einnehmen (das betonen wir deshalb so, weil bekannt ist, dass dies nicht alle Patientinnen tun – und ein Medikament, das nicht genommen wird, kann bekanntlich nicht wirken), erhöhen Sie Ihre Heilungschancen um mehr als 30%. Und das sogar noch viele Jahre über das Ende Ihrer Antihormontherapie hinaus! Deshalb ist uns sehr wichtig, dass Sie beim Auftreten von Nebenwirkungen Ihre Tabletten nicht absetzen, sondern sich von Ihrem behandelnden Arzt beraten lassen, wie Ihre Beschwerden verbessert werden könnten. Auch hier hilft wieder Sport und Bewegung! Und manchmal hilft der Wechsel auf das Präparat eines anderen Herstellers oder eine andere Wirksubstanz.
Bei den jüngeren (prämenopausalen) Patientinnen wird in der adjuvanten antihormonellen Therapie das Antihormon bzw. Antiöstrogen Tamoxifen eingesetzt (20 mg pro Tag für fünf Jahre). Bei prämenopausalen Frauen kann durch sogenannte GnRH-Analoga (GnRHa) eine vorübergehende Hemmung der Hormonproduktion erfolgen. GnRHA-Analoga werden in der Prämenopause manchmal zusätzlich zu Tamoxifen (Tamoxifen + GnRHa) eingesetzt, um eine höhere Wirksamkeit der Therapie (v.a. bei jungen Frauen unter 35 Jahren, bei denen die Eierstocksfunktion nach der Chemotherapie wieder einsetzt) zu erzielen. Und wenn in der Prämenopause Aromatasehemmer gegeben werden sollen, geht dies nur in Kombination mit GnRHa, welche die Eierstocksfunktion hemmen (AI + GnRHa). Ansonsten würden die Aromatasehemmer bei aktiven Eierstöcken zu einer Mehrproduktion von Hormonen führen, also völlig kontraproduktiv wirken. Die Kombination von GnRH mit Tamoxifen oder AI verursacht oft deutlich mehr Wechseljahrsbeschwerden als eine Monotherapie. Dies muss gegen den Nutzen gut abgewogen werden. Wenn Tamoxifen aufgrund von Vor- oder Begleiterkrankungen nicht gegeben werden darf, ist auch die alleinige Ausschaltung der Eierstockfunktion (mit GnRH-Analoga) eine Behandlungsmöglichkeit.
Unter der erweiterten adjuvanten Therapie versteht man die Verlängerung der Einnahme über das 5. Jahr der Therapie hinaus. Also 6-10 Jahre Antihormontherapie. In der Prämenopause gelten die folgenden Empfehlungen zur EAT:
Wenn Sie nach den Wechseljahren (postmenopausal) sind, stehen die folgenden Medikamente zur adjuvanten Antihormontherapie zur Verfügung:
Diese Substanzen können unterschiedlich nacheinander kombiniert oder auch alleinig gegeben werden:
Wichtig ist, dass Sie die Therapie (egal welche) für mindestens 5 Jahre regelmäßig einnehmen.
Erweiterte adjuvante endokrine Therapie (EAT) (erweiterte Antihormontherapie) in der Postmenopause
Unter der erweiterten adjuvanten Therapie versteht man die Verlängerung der Einnahme über das 5. Jahr der Therapie hinaus. Also 6-10 Jahre Antihormontherapie, ggf. sogar bis Jahr 15. In der Postmenopause gelten die folgenden Empfehlungen zur EAT:
Ob und welche EAT für Sie sinnvoll ist, muss von Ihrem individuellen Risiko und Ihren Erfahrungen mit der adjuvanten Antihormontherapie abhängig gemacht werden. Diese Fragen können und sollten Sie mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen.
Die Antihormontherapie beginnen Sie erst nach Abschluss der Chemotherapie. Sie können Sie parallel zur Strahlentherapie einnehmen.
Die Antihormontherapie ist beim hormonempfindlichen metastasierten Brustkrebs die Therapie der Wahl und (anders als Patienten es oft vermuten) in dieser Situation keinesfalls schlechter wirksam als zum Beispiel eine Chemotherapie. Nur in Ausnahmefällen (drohendes Organversagen, lebensbedrohliche Situation) wird manchmal eine Chemotherapie als Erstlinientherapie gewählt. Grundvoraussetzung für die Wirkung einer Antihormontherapie ist die Hormonempfindlichkeit des Tumors und auch der Metastasen. Da der Hormonrezeptor-Status (ER, PR) der Metastasen vom Ursprungstumor abweichen kann (z.B. HR-negative Metastasen bei HR+ Brustkrebs), empfehlen wir, dass möglichst eine aktuelle Probeentnahme aus einer Metastase (entweder aus einer gut erreichbaren Metastase oder aus einer für die Therapie besonders entscheidenden Metastase) entnommen wird.
Die in der metastasierten Situation eingesetzten Medikamente sind dieselben, die wir weiter oben in diesem Kapitel bereits beschrieben haben (Aromatasehemmer, Fulvestrant, Tamoxifen, GnRHa). Wie diese Medikamente entweder die Herstellung von Hormonen (Aromatasehemmer, GnRHa) oder das Andocken der Hormone an der Tumorzelle (Tamoxifen, Fulvestrant) verhindern und so zu einem Hormonentzug und einer Wachstumshemmung bei den Brustkrebszellen führen, wurde ebenfalls bereits ausgeführt (s.o.).
In der metastasierten Situation werden die antihormonell wirksamen Substanzen oft mit neueren, zielgerichteten Medikamenten kombiniert, die ihre Wirkung noch deutlich verstärken:
Vor den Wechseljahren gibt es für junge Frauen die nachfolgenden Therapiemöglichkeiten. Wie auch im allgemeinen Teil zur Antihormontherapie beschrieben, muss die Eierstocksfunktion sicher ausgeschaltet werden, um Aromatasehemmer oder Fulvestrant vor den Wechseljahren einsetzen zu können.
Nach den Wechseljahren können die zuvor beschriebenen antihormonellen Medikamente sehr wirksam eingesetzt werden. Man wählt in der metastasierten Situation möglichst solche Substanzen aus, die zuvor bei Ihnen noch nicht eingesetzt wurden, damit der Tumor noch keine Resistenzen dagegen entwickelt haben kann. Es stehen folgende Medikamente und Kombinationen zur Verfügung:
Kombination antihormoneller Therapie mit neuen zielgerichteten Medikamenten
In der metastasierten Situation nehmen Sie ein antihormonell wirksames Medikament oder eine Kombination so lange weiter, bis die Krankheit fortschreitet. Dies kann Monate, oft Jahre gut gehen. Beim Fortschreiten (Progress) der Erkrankung werden die Medikamente gewechselt. Man wählt für den nächsten Therapieschritt Substanzen aus, die zuvor möglichst noch nicht eingesetzt wurden. Da bei der antihormonellen Therapie entscheidend ist, dass eine Hormonempfindlichkeit der Zellen gegeben ist, sollte beim Progress erneut über eine Gewebeentnahme nachgedacht werden, um den ER/PR-Status zu reevaluieren. Ohne Schloss funktioniert kein Schlüssel (s.o.).
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