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Seit einigen Jahren ergänzen die zielgerichteten Therapien (targeted therapies) die medikamentösen Therapiemöglichkeiten beim Mammakarzinom. Zielgerichtet bedeutet, dass diese Medikamente gezielt auf Krebszellen wirken und dort Prozesse ausschalten, die für das Wachstum und Überleben von Tumorzellen besonders wichtig sind. Es kann manchmal auch am Tumorgewebe untersucht werden, ob solche Therapieziele (z.B. HER2, PD-L1, PIK3CA) für Ihre Tumorzellen wichtig sind.
aktualisiert am 30.04.2023
Das Wirkprinzip ist ein „Schlüssel-Schloss-Mechanismus“. Die Medikamente (=Schlüssel) müssen zu einem „Schloss“ (= Tumoreigenschaft) passen und können dann wirken. Zielgerichtete Therapien werden in der Regel mit anderen Therapien (Chemotherapie oder Antihormontherapie) kombiniert eingesetzt und verstärken deren Wirkung, meist ohne allzu große Nebenwirkungen zu verursachen.
Zur Gruppe der gezielt wirkenden Medikamente zählen:
HER2 sind so genannte Rezeptoren (das können Sie sich wie „Antennen“ oder „Schalter“ vorstellen) an der Oberfläche von Zellen. Wenn viele solcher HER2-Rezeptoren auf Brustkrebszellen vorhanden sind (das nennt man dann „HER2-positiver“ Tumor), dann teilen die Zellen sich häufiger und der Tumor wächst schneller und unkontrollierter. Aber keine Angst: seitdem es Medikamente gibt, die HER2 gezielt hemmen/blockieren, haben Patientinnen mit HER2-positivem Tumor keinen ungünstigeren oder aggressiveren Krankheitsverlauf mehr. Brustkrebs wird als HER2-positiv bezeichnet, wenn bei der histopathologischen Untersuchung auf den Tumorzellen sehr hohe Mengen von HER2 nachgewiesen wurden. In Ihrem Befund aus der Pathologie steht dann „HER2+“ oder „HER2-positiv“ (Achtung: dies dürfen Sie bitte nicht mit „HR-positiv“ verwechseln! Unter HR (=Hormonrezeptor) fassen einige Pathologen die Hormonrezeptoren ER und PR zusammen. Das hat nichts mit HER2 zu tun!). Der Nachweis vermehrter HER2-Rezeptoren erfolgt immunhistochemisch (IHC) oder mittels in situ-Hybridisierung (CISH oder FISH). HER2-positiv sind die folgenden Befunde:
Wenn bei HER2-positivem Brustkrebs neben der adjuvanten Chemotherapie eine Therapie mit einem HER2-Antikörper stattfindet, ist das Rückfallrisiko vor allem bei Tumoren im Frühstadium gering.
HER2-negativ und somit nicht geeignet für Medikamente, die sich gegen HER2 richten, sind folgende Tumore:
Dass man nicht mehr nur zwischen HER2-positiven und HER2-negativen Tumoren unterscheidet, sondern es auch eine Gruppe „dazwischen“ gibt, die als „HER2-low“ eingeordneten Tumoren mit einer niedrigen Expression des HER2-Rezeptors, ist noch relativ neu. Dazu zählen folgende Befundkonstellationen:
Diese Fälle wären vor 2022 noch als „HER2-negativ“ eingeordnet worden und machen mehr als die Hälfte der nicht deutlich HER2-positiven Tumore aus. Dass Tumoren mit einer niedrigen HER2-Expression nun als eigenständige Kategorie angesehen werden, hat auch zu einer Veränderung der Behandlungsempfehlungen geführt. Patientinnen mit einem HER2-low Tumor werden jetzt anders behandelt als HER2-negative oder deutlich HER2-positive Brustkrebs-Fälle und können in der metastasierten Situation mit dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab Deruxtecan behandelt werden. Es profitieren jetzt also deutlich mehr Patientinnen von Behandlungsmöglichkeiten gegen HER2!
Das Ansprechen eines Tumors auf eine Chemotherapie hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Die immer weiter entwickelten Chemotherapie-Schemata haben beim Brustkrebs dazu beigetragen, die Überlebensraten deutlich zu verbessern!
Die CDK4/6-Hemmer zählen zu den zielgerichteten Medikamenten, die bei Brustkrebs eingesetzt werden. Sie greifen im Zellzyklus der Krebszelle ein und blockieren die zyklinabhängigen Kinasen 4 und 6. Diese Enzyme regen im Zusammenspiel mit Cyclin D1 die Zellteilung an. Vor allem das Wachstum und die Teilung hormonempfindlicher (ER+, PR+) Brustkrebszellen hängen von diesen Enzymen ab. Die meisten gesunden Zellen bleiben verschont, weil dies für sie nicht gilt. Die CDK4/6 Inhibitoren werden in Kombination mit einer Antihormontherapie eingesetzt. Die Wirkung der Antihormontherapie wird dadurch deutlich verbessert, Resistenzen werden verhindert.
Zur Substanzklassen der CDK4/6 Inhibitoren zählen drei Medikamente:
Kombinationsmöglichkeiten mit Antihormontherapie in der Prämenopause:
Kombinationsmöglichkeiten mit Antihormontherapie in der Postmenopause:
Bislang war eine Therapie mit CDK4/6-Inhibitoren nur in der metastasierten Situation und nur in Kombination mit einer Antihormontherapie möglich. Inzwischen ist auch die Zulassung von Abemaciclib (Verzenios®) in Kombination mit einer endokrinen Therapie in der adjuvanten Therapie bei hormonempfindlichem, HER2-negativen, nodal-positiven (also mit befallenen Lymphknoten) Brustkrebs und hohen Risiko erfolgt. Bei prä- oder perimenopausalen Frauen sollte die endokrine Aromatasehemmer-Therapie mit einem GnRHAgonisten kombiniert werden.
Die CDK4/6-Inhibitoren haben ein insgesamt sehr günstiges Nebenwirkungsprofil. Die Lebensqualität der Patientinnen ist oft genauso gut oder sogar besser als unter alleiniger antihormoneller Therapie.
Dennoch gibt es spezielle zusätzliche Nebenwirkungen dieser Substanzen:
mTOR Inhibitoren zählen auch zu den zielgerichteten Medikamenten, die bei Brustkrebs eingesetzt werden. Sie wirken, wie der Name schon sagt, durch eine Hemmung von mTOR. Dadurch werden z.B. Wachstum, Ernährung und Blutgefäßbildung und -versorgung von hormonempfindlichen Brustkrebszellen verringert. Das Medikament Everolimus (Afinitor) wird in Kombination mit einer Antihormontherapie beim metastasierten Brustkrebs eingesetzt. Die Wirkung der Antihormontherapie wird dadurch deutlich verbessert, Resistenzen werden verhindert.
Die mTOR Inhibitoren werden oral (als Tabletten) eingenommen haben ein insgesamt relativ günstiges Nebenwirkungsprofil. Mögliche Nebenwirkungen sind z.B. eine Entzündung der Mundschleimhaut (Stomatitis), eine Art der Lungenentzündung (Pneumonitis), Nasenbluten, Müdigkeit / Fatigue, Husten, Durchfall, Hautreaktionen (Ausschlag, Juckreiz) und ein erhöhter Blutzuckerspiegel.
Folgende Kombinationsmöglichkeiten mit Antihormontherapie sind möglich:
*Bei Patientinnen vor den Wechseljahren müssten GnRHa hinzugenommen werden.
Beim metastasierten hormonempfindlichen (HR+) Brustkrebs gibt es eine weitere zielgerichtete Substanz, die mit einer Antihormontherapie kombiniert werden kann: einen sogenannten PIK3CA-Hemmer (Alpelisib, Piqray®). Diese Kombination verbessert das Überleben deutlich. Dieser kann nur bei Nachweis einer PIK3CA-Mutation wirken, welche bei etwas 40% der hormonempfindlichen metastasierten Mammakarzinome vorliegt. Eine PIK3CA-Mutation bewirkt ein schnelleres Wachstum von Krebszellen und einen schlechteren Krankheitsverlauf. Ob bei Ihrem Tumor eine PIK3CA-Mutation vorliegt, kann an Gewebeproben untersucht werden. Wenn bei Ihnen eine PIK3CA-Mutation nachgewiesen wird, kann eine Kombinationstherapie aus Fulvestrant + Alpelisib durchgeführt werden. Bei jungen (prämenopausalen) Frauen muss die Eierstocksfunktion mittels GnRHa-Gabe ausgeschaltet werden, um Fulvestrant wirksam einsetzen zu können.
Alpelisib wird oral (als Tablette) eingenommen. Mögliche Nebenwirkungen von Alpelisib sind: Hyperglykämie, Durchfall, Übelkeit, verminderter Appetit, Hautausschlag.
Zum 1.05.2001 erfolgte trotz weiter bestehender Zulassung eine Marktrücknahme vom deutschen Markt. Es ist jedoch ein Bezug über die internationale Apotheke und die Beantragung der Kostenübernahme bei der Krankenkasse notwendig.
Die PARP-Inhibitoren (Olaparib, Talazoparib) zählen zu der Gruppe der zielgerichteten Medikamente. Sie blockieren die Enzyme PARP = Poly-[ADP-Ribose-]Polymerase, die eine wichtige Rolle bei der Reparatur der Erbinformation (DNA) von Zellen spielen. Wenn diese Enzyme gehemmt werden, kann die Zelle Schäden nicht mehr reparieren und es kommt zum Zelltod. Die PARP-Inhibitoren sind aus der Behandlung des Eierstockskrebs schon einige Jahre bekannt.
Seit 2019 darf Olaparib (Lynparza) auch zur Therapie von Brustkrebs verwendet werden. Behandelt werden dürfen:
1. Frauen mit einer BRCA-Mutation mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem, HER2-negativem Mammakarzinom, das bereits vortherapiert wurde (Monotherapie) und
2. Frauen mit einer BRCA-Mutation mit einem HER2-negativen Brustkrebs im Frühstadium mit hohem Rezidivrisiko nach vorheriger Behandlung mit einer (neo)adjuvanten Chemotherapie (Monotherapie oder in Kombination mit einer endokrinen Therapie, adjuvant).
Olaparib wird bei Brustkrebs als Monotherapie in Tablettenform angewendet.
Olaparib verursacht eher milde Nebenwirkungen: Blutbildveränderungen wie Blutarmut (Anämie) und eine reduzierte Anzahl der weißen Blutkörperchen (Neutropenie), Übelkeit und Erbrechen.
Talazoparib (Talzenna): Ein weiterer in Europa nun zugelassener PARP-Inhibitor ist Talazoparib. Auch dieser PARP-Inhibitor wird als Monotherapie für die Behandlung von Patientinnen mit BRCA1/2-Mutationen in der Keimbahn angewendet, die ein HER2-negatives, lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes Mammakarzinom haben. Die Nebenwirkungen von Talazoparib sind wie bei Olaparib Blutbildveränderungen, Übelkeit und Erbrechen.
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