Schwanger und Brustkrebs

Interview mit Linda
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Eigentlich verläuft ihre zweite Schwangerschaft ganz normal. Bis zu diesem einen Tag, als Linda im 4. Monat die Diagnose Brustkrebs erhält – und direkt mit der Therapie beginnen muss. Wie die 35-Jährige diese Zeit der Angst um ihr ungeborenes Kind erlebt hat, wie sich die Krankheit auch heute noch auf ihre Erziehung auswirkt und was sie anderen werdenden Mamas mit der Diagnose rät, lest ihr in unserem Interview.

Was geht einem als werdende Mama durch den Kopf, wenn man während der Schwangerschaft so eine Diagnose bekommt?

Schwer zu erklären, denn in so einem Moment des Lebens rechnet man einfach überhaupt nicht damit, dass einem im nächsten Atemzug gesagt wird, man sei an Krebs erkrankt. Es ist total surreal und doch schießt ein Gedanke dabei ganz schnell in den Kopf: Ich will nicht sterben. Ich will nicht, dass meinem ungeborenen Kind etwas geschieht. Werde ich meine Kinder aufwachsen sehen? Ich habe Angst! Aber ganz schnell wird einem auch klar: Ich will leben! Für mich. Für meine Kinder. Für meinen Mann. Für uns! Also geht man diesen Weg. Man vertraut auf die Aussagen der Ärzte. Man funktioniert einfach.

Welche Folgen fürs ungeborene Kind hätte deine Behandlung haben können?

Laut Aussagen und Erfahrungen meiner behandelnden Gynäkologen hätte es laut aktuellen Studien wohl passieren können, dass unser Kind leichter oder etwas kleiner zur Welt kommt. Da ich mit dem 5. Schwangerschaftsmonat jedoch schon über das 1. Trimester hinaus war, stand ein Glück nicht mehr die erhöhte Gefahr einer Fehlgeburt, schwerer Komplikationen oder gar Entwicklungsstörungen im Raum. Natürlich weiß man im Allgemeinen nie, wie eine Schwangerschaft/Geburt verläuft und man hat auch als gesunder Mensch nie die absolute Garantie auf ein gesundes Kind, jedoch hat mir diese Aussage sehr viele Sorgen in Bezug auf meine anstehende Therapie genommen.

Konntest du die Schwangerschaft trotzdem noch genießen und wer/was hat dir dabei geholfen?

Ich muss sagen, dass ich eigentlich zwei absolute Bilderbuchschwangerschften erleben durfte. Ich habe es geliebt, schwanger zu sein. Mir ging es weder schlecht, noch hatte ich irgendwelche großen Probleme. Leider rückte meine zweite Schwangerschaft mit all ihren zauberhaften Momenten durch die Diagnose Krebs mehr als nur in den Hintergrund. Sie lief nun nebenher. Fokus war nun ein anderer. Leider. Ich war froh, dass mich meine Gynäkologin nun sehr engmaschig untersuchte und ich in regelmäßigen Abständen erfahren durfte, dass sich unser Kind so entwickelt, wie es sein sollte. Das hat so viele Sorgen abgefangen. Denn egal, wie sehr man es sich wünschen würde, man kann sein Ungeborenes in dieser Zeit einfach nicht aktiv beschützen. Man kann nur hoffen, dass sich alle Aussagen bewahrheiten und die Chemotherapie ihm nichts anhaben würde.

Mein größter Fels in der Brandung war neben unserem ersten Sohn mein Mann in dieser Zeit. Er ist mit mir jeden Weg gegangen. Durch jede Sorge. Durch jede Angst. Er hat nie aufgehört, zu hoffen. Nie aufgehört, positiv in die Zukunft zu blicken. Ich und an Krebs versterben – niemals. Diese Option ließ er in keinerlei Gedanken zu. Und wenn ich mich doch mal in meinen Sorgen verlor, holte er mich mit all seiner Liebe ganz schnell wieder dort hinaus. Ohne ihn hätte ich diesen Weg ganz sicher nicht so bewältigt, wie ich es am Ende getan habe. Wir waren schon immer ein Team, aber seit dieser Diagnose nun ganz sicher unschlagbar.

Wie wirkt sich deine Erkrankung bzw. deine laufende Therapie heute noch in Bezug auf deine Kinder aus?

Ich muss ehrlich gestehen, dass mir heute der für mich damals so selbstverständliche „lange Atem“ fehlt. Die Antihormontherapie und die noch vorhandenen Nebenwirkungen der Akuttherapie schränken mich körperlich, aber auch emotional noch sehr ein, sodass ich auch viel schneller gestresst bin und an meine Grenzen stoße. Ich erkenne mein eigentliches Wesen hier überhaupt nicht mehr wieder, was mich wiederum sehr traurig macht, denn ich weiß, dass ich damals viel besser mit stressigen Situationen umgehen konnte. Viel entspannter und nicht so schnell in Rage zu bringen war. Um das abzufedern, drücke ich auf alle Fälle nun eher mal ein Auge zu, versuche Dinge nicht zu eng zu sehen und handle einfach so, wie es uns als Familie gut geht und unnötigen Stress minimiert. Da wir hier keine Familie haben und unsere Kinder zu Hause, ist es aktuell noch sehr schwer, mir persönliche Freiräume zu schaffen. Sobald sie jedoch in den Kindergarten und die Krippe gehen, steht das an oberster Stelle. Ich brauche mehr als dringend diese Zeit für mich – zum Regenerieren, zum Verarbeiten, zum Wohlfühlen und einfach wieder ein Stück weit mehr Ich werden können.

Erziehst und behandelst du deine Kinder anders, als du es ohne deine Diagnose gemacht hättest?

Ich würde nicht sagen, dass ich sie anders erziehe oder behandle, als ich es vielleicht ohne Diagnose getan hätte. Unsere Kinder werden geliebt und das erfahren sie jeden Tag aufs Neue. Und dass sie genau das niemals vergessen, ist uns als Eltern einfach so unendlich wichtig. Vielleicht sag ich ihnen heute noch ein bisschen öfter, wie sehr ich sie doch liebe. Einfach, weil ich nun am eigenen Leib erfahren habe, wie schnell das Leben anders spielen kann und ich möchte, dass sie genau das in Bezug auf ihre Mami niemals vergessen. Wenn sie sich später auch mal an nichts mehr aus dieser Zeit erinnern können, will ich, dass sie trotzdem immer wissen, dass sie unendlich geliebt wurden.

Was würdest du anderen werdenden Mamas, die soeben die Diagnose Brustkrebs bekommen haben, mit auf den Weg geben wollen?

Auch wenn alles erstmal ausweglos erscheint: Es gibt einen Weg. Und es lohnt sich, diesen zu gehen. Einerseits natürlich für sich selbst, aber eben auch für diese wundervollen kleinen Wesen, die uns durch ihr einfaches Sein innerhalb von Sekunden so viele Sorgen nehmen können. Man mag denken, die Krebstherapie mit Kindern sei anstrengend: Ja, das ist sie wirklich, und das nicht zu wenig. Aber es ist auch nicht unmöglich. Und wir haben dabei tagtäglich jemanden, der/die uns zeigt, wie wertvoll es ist, nicht aufzugeben, und uns dabei hilft, dass wir uns niemals in diesem Loch voller Sorgen verlieren. Jemand, der/die uns immer wieder aufs Neue zeigt, wie sehr es sich lohnt diesen Weg zu gehen. Unsere kleinen Wunder bewirken oft auch die größten Wunder.

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