Stillen während und nach einer Strahlentherapie

Stillen während und nach einer Strahlentherapie: sinnvoll oder schädlich?

Interview mit Sabine Seiler von der ‚German Breast Group‘
Die Frage danach, ob Mütter während oder nach einer Strahlentherapie ihre Säuglinge stillen sollten und können oder ob das dem Kind sogar schadet, verunsichert viele Brustkrebspatientinnen. Wir haben mit Gynäkologin Sabine Seiler von der ‚German Breast Group‘ zu diesem Thema gesprochen und erklären euch, wie sich eine Strahlentherapie auf die Muttermilch und den Stillvorgang auswirken kann und worauf stillende Brustkrebspatientinnen achten sollten.
Wie wirkt sich eine Strahlentherapie auf die weibliche Brust aus?

Eine Strahlentherapie schädigt das Erbgut der bestrahlten Zellen. Dies betrifft sowohl gesunde Zellen als auch Krebszellen. Krebszellen verfügen jedoch nicht über ein so gut funktionierendes Reparatursystem wie normale Zellen. Deshalb können sie die Strahlenschäden nicht reparieren und sterben ab. Dank moderner Techniken ist die Strahlentherapie bei Brustkrebs heute genauer planbar und verträglicher als früher. Dennoch lassen sich Nebenwirkungen am gesunden Gewebe leider nicht vermeiden, die je nach Intensität und Dauer der Bestrahlung unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Zu diesen Nebenwirkungen gehören langfristige und bleibende Veränderungen des Brustdrüsengewebes und eine damit einhergehende Verhärtung des Bindegewebes. Diese so genannte Fibrose führt zu einer verminderten Elastizität des Brustdrüsengewebes und kann das Brustwachstum bzw. die Ausbildung der Brustdrüsengänge und der milchbildenden Zellen während einer Schwangerschaft einschränken. Durch diese Umbauprozesse ist nach einer Strahlentherapie auch mit einer verminderten Milchproduktion auf der betroffenen Seite zu rechnen. Auch eine veränderte Zusammensetzung der Milch – unter anderem weniger Fett und mehr Salz – und damit ein veränderter Milchgeschmack wurden beobachtet. Auch die Elastizität der Haut und der Brustwarzen nimmt nach der Bestrahlung ab, so dass sich die Brustwarzen nach der Bestrahlung unter Umständen nicht mehr richtig ausdehnen und dem Säugling das Trinken erschweren. Säuglinge zeigen daher in vielen Fällen trotz vorhandener Milch bei der Mutter eine starke Präferenz für die unbehandelte Brust und können das Stillen an der bestrahlten Brust verweigern.

Wie ist die Prognose, mit der bestrahlten Brust bzw. nach einer brusterhaltenden OP noch stillen zu können und wovon hängt es ab, ob das möglich ist?
Veränderungen der Brust nach einer Operation mit anschließender Bestrahlung bedeuten nicht zwangsläufig, dass das Stillen unmöglich ist. Nach einer Brustkrebserkrankung kann mit der anderen, nicht betroffenen Brust gestillt werden und etwa 50 Prozent der Frauen können mit Einschränkungen zudem auch mit der betroffenen Seite stillen. Ob eine Frau nach einer Brustkrebsbehandlung auf der betroffenen Seite stillen kann, hängt jedoch von vielen weiteren, individuellen Faktoren ab. Neben der Intensität und Dauer der Bestrahlung der Strahlentherapie spielt hier die vorausgegangene operative Behandlung der Brust eine entscheidende Rolle. Zwar wird bei einer brusterhaltenden Operation das Drüsengewebe bei der Entfernung des Tumors weitgehend erhalten. Dennoch kann es je nach Lage und Größe des Tumors zu Verletzungen oder Durchtrennungen der Drüsenausführungsgänge, Narbenbildungen und Einziehungen der Brustwarze kommen. Zudem können Nerven verletzt werden, was zu einer Beeinträchtigung der Brustwarzen- und Milchbildungsreflexe führen kann. Grundsätzlich gilt: Je aufwendiger und größer die Operation, desto eher kann es zu Komplikationen beim Stillen kommen.
Was sollte bei der brusterhaltenen OP berücksichtigt werden, um das spätere Stillen noch zu ermöglichen?
Die Art der brusterhaltenden Operation, der Umfang und die Schnittführung hängen unter anderem davon ab, wie groß der Tumor ist, wo er sich befindet und welche biologischen Eigenschaften er hat. Auch die Größe der Brust der Patientin und ihre Wünsche spielen eine große Rolle. Ziel der brusterhaltenden Operation ist es, den Tumor vollständig zu entfernen und dabei so viel gesundes Gewebe wie möglich zu erhalten. Wenn eine junge Frau zum Zeitpunkt der Diagnose ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen hat und sich vorstellen kann, später zu stillen, sollte sie dies mit dem operierenden Arzt besprechen, damit er die chirurgischen Möglichkeiten mit der Patientin besprechen kann, um gegebenenfalls die Wahrscheinlichkeit für einen späteren Stillerfolg zu erhöhen. Natürlich muss aber die Sicherheit der Patientin immer an erster Stelle stehen.
Kann es Risiken und Nachteile haben, wenn eine Frau mit der bestrahlten Brust stillt?
Stillen hat unbestreitbare Vorteile für Mutter und Kind und Muttermilch ist die beste Nährstoffquelle für das Baby. Auch stellt die Bestrahlung kein gesundheitliches Risiko für das Kind dar. Aufgrund der zumeist reduzierten Milchbildung sollte aber das Gewicht des Säuglings engmaschig kontrolliert werden.
Gibt eine spezielle Bestrahlungsart, die die Wahrscheinlichkeit erhöht, später mit der bestrahlten Brust noch (oder besser) stillen zu können?
Leider gibt es derzeit noch keine Studien, die unterschiedliche Bestrahlungsarten im Hinblick auf das Stillen nach Brustkrebs ausreichend untersucht und verglichen haben. Bestrahlungstechniken, bei denen nur Teile der Brust bestrahlt werden, werden derzeit nur für Patientinnen über 50 Jahre empfohlen und kommen für Patientinnen im gebärfähigen Alter nicht in Frage.
Gibt es vorbeugende Maßnahmen, um das Stillen nach der Bestrahlung zu ermöglichen?
Frauen, die eine Schwangerschaft planen und stillen möchten, sollten sich frühzeitig an eine erfahrene und geschulte Stillberaterin oder Hebamme wenden, die eine erste Einschätzung der Erfolgsaussichten des Stillens unter Berücksichtigung der vorangegangenen Brustkrebstherapie vornehmen und mit der Familie dann das individuell optimale Stillmanagement planen kann. Da die überwiegende Mehrheit der Frauen für eine erfolgreiche und ausreichende Milchproduktion vor allem auf die unbehandelte Brust angewiesen ist, sollte auch diesem Thema besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das Hauptziel des Stillmanagements nach der Geburt besteht darin, die Milchproduktion so früh wie möglich anzuregen. Um dies zu erreichen, kann das Kind von Anfang an häufig angelegt und bei Bedarf auch abgepumpt werden. Natürlich sollte auch auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.
Kann auch erfolgreich nur mit der gesunden Brust gestillt werden oder schadet das dem Säugling?
Die Milchproduktion in der nicht betroffenen Brust ist in der Regel nicht beeinträchtigt, so dass die Frauen nach einer Brustkrebstherapie mit der anderen, nicht betroffenen Brust stillen können. Dies schadet dem Säugling in keiner Weise, da auch eine Brust allein bei optimalen Stillmanagement ausreichend Milch für den Säuglings produzieren kann.
Hat das Stillen Einfluss auf Brustkrebs?
Generell hat sich gezeigt, dass Stillen vor Brustkrebs schützt. Frauen, die über einen längeren Zeitraum stillen, haben im Vergleich zu Frauen, die nicht stillen, ein geringeres Risiko, später im Leben an Brustkrebs zu erkranken. Dennoch haben viele Frauen, die bereits an Brustkrebs erkrankt sind, Angst, dass das Stillen in dieser Situation ihre Prognose verschlechtern könnte. Glücklicherweise gibt es aber keine Hinweise darauf, dass Stillen nach einer Brustkrebstherapie das Risiko erhöht, erneut an Brustkrebs zu erkranken oder einen Rückfall zu erleiden.
Der Verzicht auf eine Strahlentherapie nach einer brusterhaltenden Therapie ebenso wie eine Verzögerung des Beginns der Strahlentherapie können das Risiko eines Wiederauftretens der Erkrankung erhöhen. Deshalb sollte diese Therapie zeitgerecht geplant und durchgeführt werden. Hier geht die Sicherheit der Patientin vor.
Jasmin-und-Ann-Kathrin-Werkstatt-für-Haararbeiten

Haarwerkstatt ‚Königinnen‘

Interview mit Jasmin & Ann-Kathrin von der Haarwerkstatt ‚Königinnen‘

Jasmin-und-Ann-Kathrin-Werkstatt-für-Haararbeiten

In ihrem Hamburger Studio ‚Königinnen‘ entwerfen die beiden Maskenbilderinnen Jasmin und Ann-Kathrin Perücken für Menschen mit Krebs oder Haarausfall. Im Gespräch mit PINK! haben sie erzählt, wie sie arbeiten, was sie an ihrem Job besonders erfüllt und wie ihre Kundinnen sie täglich inspirieren.

Stellt euch bitte kurz vor: Was genau macht ihr in eurer Werkstatt und was erfüllt euch an eurer Arbeit?

Gestatten: Jasmin Soufi & Ann- Kathrin Guballa, 54 Jahre alt, Maskenbilderinnen von Beruf. Die Werkstatt für Haararbeiten gibt es seit 2010, seit 2015 sind wir zu zweit. Wir arbeiten für Menschen, die an krankheits- und erbbedingten Haarverlust leiden, haben auch Lösungen für Unfallopfer, Menschen mit Geschlechtsumwandlungen parat. Auch Crossdresser gehören zu unseren Kunden. Wir bieten Haarersatz für jedes Budget und sind bemüht, die Wünsche unserer Kunden zu erfüllen, auch wenn es unkonventionell wird. „Zufrieden ist, wer Gutes tut“, sagte schon Mutter Theresa. Für jeden Hilfebedürftigen die passende Lösung zu finden und diese handwerklich umzusetzen, das ist unser Anspruch und Ansporn.

Wie läuft ein Termin bei euch ab?

Wir arbeiten ausschließlich termingebunden, sodass wir in Ruhe verschiedene Modelle – wie Kunsthaar- oder Echthaarperücken oder andere Fasern – ausprobieren können und die Vor- und Nachteile aufzeigen, sowie Pflegeaufwand, Styling etc. besprechen.

Wie kommt man an eine Perücke bei euch und bekommen Kundinnen beim Kauf Unterstützung durch die Krankenkasse?

Einfach erstmal einen Termin machen! Es gibt keine Voraussetzungen. Unterstützung bekommen Betroffene bei allen Krankenkassen. Modelle, die von den Krankenkassen übernommen werden, können mit etwas handwerklichem Geschick und Abspeckung der eigenen Anforderungen durchaus gut aussehen. Die Krankenkassen zahlen das Nötigste, der Rest ist Eigenanteil. Das Rezept kommt vom Arzt, die Formalitäten übernehmen wir. Darüber hinaus empfehlen wir, die eigene Familie und Freunde „anzupumpen“. Die sind oft ganz froh, dass sie etwas tun können und kommen nicht selbst auf die Idee. Das Schnorren kann auch gern eine Freundin oder ein Freund übernehmen. Auf keinen Fall vorab schon mal die Haare abschneiden, sondern erstmal einen Besuch bei uns abwarten.

Worauf legt ihr Wert bei der Erstellung eurer Perücken?

Wir fertigen nicht für jeden Kunden eine Perücke oder ein Haarteil neu an, sondern nutzen das Angebot von verschiedenen Herstellern und arbeiten diese gegebenenfalls um. Dazu zählt das Färben von Verläufen, Setzen von High- oder Downlights und Schneiden. Wir knüpfen aber auch eigene Haare in fertigen Haarersatz. Manchmal aber passt und gefällt ein bestimmtes Modell direkt. Bei Maßanfertigungen muss ein Kopfabdruck gemacht, eine sogenannte Montur genäht, geknüpft und geschnitten werden. Das ist etwas aufwändiger. Wert legen wir darauf, dass ein Haarersatz nicht als solcher sichtbar ist, dass die Kunden sich gut und sicher damit fühlen und der Umgang damit machbar ist. Was nützt schließlich eine super Perücke, wenn die Kundin diese nicht selbst waschen und frisieren kann. Wir hoffen, dass unsere Kunden ihren geliebten Sport mit Haarersatz machen können und wünschen uns, dass das Lebensgefühl und die Freude daran, unter Menschen zu sein, wiederkommt. Wir wollen zu einer Normalität verhelfen können, auch wenn die Situation bei einigen Betroffenen gerade alles andere als normal ist. Kleine Anekdote: „Mit meiner Perücke bin ich so herrlich unsichtbar“ bemerkte eine Dame, kurz bevor sie den Laden verließ und warf den Kopf (mit Perücke darauf) stolz und selbstbewusst in den Nacken.

Wie kommen die Kundinnen zu euch und wie gehen sie nach Erhalt ihrer neuen Perücke?

Niemand kommt gern zu uns. Sie kommen in Begleitung, ohne Begleitung, ansteckend optimistisch, schlecht gelaunt, ängstlich, bockig, verzweifelt, neugierig. Perücken haben immer noch ein schlechtes Image. Im besten Fall gehen unsere Kunden mit wiedererlangter Selbstverständlichkeit. Auch Würde ist ein sehr großes Wort in dem Zusammenhang. In dem Moment, wenn die Haare bei einer Chemotherapie ausfallen, sieht die Öffentlichkeit die Erkrankung. Was dann von Außenstehenden gespiegelt wird, ist oft Unsicherheit, Mitleid und Ablehnung.

Gibt es ein Erlebnis in eurem Laden, das besonders in Erinnerung geblieben ist?

Eins? 1000! Die Arbeit für Kinder ist sehr berührend, da sie so tapfer, aber auch angstfreier sind. Der unterschiedliche Umgang mit der Diagnose Krebs ist beeindruckend. Mit dem Krebs ändert sich von jetzt auf gleich alles. Wie wenn man am falschen Bahnhof rausgeworfen wurde, sich nicht auskennt und mit einem D-Zug in eine völlig fremde und falsche Richtung düst. Um beim Bild zu bleiben: Das Reiseziel anzunehmen und wieder Kontrolle über das eigene Leben zu bekommen, positive Energie freizusetzen, puh, Hut ab. Es gibt so einige Kundinnen, die ihr Leben komplett umgekrempelt haben. Da ist zum Beispiel eine Frau, die jetzt Krebskranken mit ihrer ganzheitlichen Krebsberatungsagentur hilft, eine Modedesignerin, die nach Barcelona ausgewandert ist, eine Pferdenärrin, die sich (endlich) den Wunsch erfüllt hat und sich ein a…teures Islandpony gekauft hat, Frauen, die ihre Männer nochmal geheiratet haben, Frauen, die sich von ihren Männern getrennt haben, eine Zeichnerin, die ein ganz tolles Comic über ihre Erkrankung veröffentlicht hat. Und dann sind da die, die es nicht schaffen werden. Menschen zu begleiten, die ihre Urangst „Sterben“ überwunden haben und/oder ihren Frieden damit gemacht haben, ist extrem und inspirierend. Und auch an dieser Stelle ziehen wir den Hut.

Für mehr Infos und Terminvereinbarungen schaut auf der Homepage der ‚Königinnen‘ vorbei.

Laura Fazio

Brustkrebsdiagnose und Kinderwunsch

Brustkrebsdiagnose und Kinderwunsch: ,,Geht zu euren Ärzten, lasst euch aufklären!“

Interview mit Laura Fazio

Laura Fazio

Laura Fazio war 32 Jahre alt, als sie 2023 die Diagnose Brustkrebs bekam – und musste aufgrund ihres jungen Alters neben der Bewältigung von Sorgen, Ängsten und Unsicherheiten zwischen OP und Chemobeginn in kürzester Zeit auch noch die Frage nach einem späteren Kinderwunsch für sich beantworten. Vor welche medizinischen und psychischen Herausforderungen sie durch diese Entscheidung plötzlich gestellt wurde, hat Laura uns im Interview verraten.

Vor welchen Herausforderungen stehen junge Frauen mit Kinderwunsch, die an Brustkrebs erkrankt sind?

Aus meiner Sicht: vor recht vielen. Ich hatte schon immer, und habe auch heute noch, einen sehr unklaren Kinderwunsch und trotzdem war dieses Thema mit eines der belastendsten im Rahmen meiner gesamten Krebsbehandlung. Ich war letzten Sommer, als die Diagnose kam, 32 Jahre alt und musste mich innerhalb kürzester Zeit entscheiden, ob ich zwischen Tumor-OP und Chemobeginn noch fertilitätserhaltende Maßnahmen ergreifen möchte oder nicht. Man muss sich ja auch vorstellen, dass nach so einer Diagnose sehr viel auf einen zukommt: Man wird (zum Glück!) umfassend untersucht. Es muss erst einmal herausgefunden werden, ob der Tumor gestreut hat, ob es sich um einen vererbbaren Brustkrebs handelt und damit noch weitere Familienangehörige (wie in meinem Fall meine zu diesem Zeitpunkt hochschwangere Schwester) betroffen sein könnten, welche Behandlungen erforderlich sind, wie die Genesungschancen stehen, usw.

Das allein ist schon heftig. Bei mir kamen noch weitere Herausforderungen, weil das behandelnde Reproduktionszentrum bei der Erstuntersuchung feststellen musste, dass ich Endometriose und Zysten an beiden Eierstöcken hatte. Dadurch hatte ich nur sehr wenige Eizellen und der Weg zur Entnahme war versperrt. Letzten Endes ließ sich auch dieses Problem lösen, aber im ersten Moment war es ein Schock. Noch dazu hatte mich meine Mutter, die ebenfalls an Brustkrebs erkrankt und inmitten ihrer Chemotherapie war, zu diesem Termin begleitet. Das war ein sehr belastender Tag.

Welche Behandlungen/Möglichkeiten kommen für Frauen mit Brustkrebs infrage, um sich auch später noch den Kinderwunsch erfüllen zu können?

Meines (laienhaften) Wissens nach gibt es da drei Möglichkeiten: Zum einen gibt es da die GNRHa-Spritze, die die Eierstöcke während der Chemo lahmlegt, aber auch schützt. Wie gut dieser Schutz ist, und ob er nur während der Chemo oder auch während der Bestrahlung hilft, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Dadurch dass der Eierstock quasi in den Winterschlaf versetzt wird, können die Krebszellen-vernichtenden Therapien die Eizellen wohl nicht so schädigen. Mir wurde jedenfalls schon sehr früh empfohlen, ein Zentrum für Reproduktionsmedizin aufzusuchen, um mich über zwei weitere, noch wirksamere Maßnahmen informieren zu lassen: Die Eizellentnahme und die Eierstockgewebsentnahme. Bei der Eizellentnahme wird empfohlen, vorab eine Behandlung mit Hormonen zu machen, damit sich mehr Eizellen bilden und entsprechend mehrere entnommen werden können. Die Eizellen können dann im befruchteten oder unbefruchteten Zustand eingefroren werden. Bei Patientinnen, deren Krebsbehandlung aus medizinischen Gründen sofort beginnen muss und bei denen keine Zeit für eine Hormonbehandlung bleibt, kann alternativ Eierstockgebewebe, in dem sich unreife Eizellen befinden, operativ entnommen, eingefroren und später wieder eingesetzt werden.

Welche Behandlungen hast du selbst wahrgenommen und welche Schritte waren dafür nötig?

Ich fand alle Behandlungsoptionen offen gesagt medizinisch faszinierend und gleichzeitig persönlich gruselig. Vor allem hat natürlich jede Option ihre Vor- und Nachteile. Bei der Entnahme und dem Wiedereinsetzen von Eierstockgewebe besteht die (sehr geringe) Gefahr, dass Krebszellen mit entnommen und dadurch später wieder in den Körper eingepflanzt werden. Die Vorstellung, Jahre später wieder an Krebs zu erkranken, weil die Zellen wieder eingepflanzt werden, war für mich ein No-Go. Natürlich kann es sein, dass bis dahin das Gewebe verlässlich untersucht und dieses Risiko ausgeschlossen werden kann, aber darauf verlassen wollte ich mich nicht. Bei der Eizellenentnahme ist die Hormonbehandlung das Hauptproblem: Ich habe zum Beispiel einen HER2NEU-triple-positive Brustkrebs und damit einen hormonabhängigen Brustkrebs. Bedeutet: Das schädliche Zellwachstum wird durch weibliche Geschlechtshormone befeuert. Das ist natürlich schlecht, wenn man für die Stimulation im Rahmen der Kinderwunschbehandlung gerade diese Hormonproduktion anregen muss.

Ich habe mich letzten Endes trotzdem für die klassische Kinderwunschbehandlung und Eizellentnahme entschieden und konnte insgesamt 9 unbefruchtete Eizellen einfrieren. Das ist nicht besonders viel, aber auch nicht wenig. Weil ich, wie erwähnt, Zysten an beiden Eierstöcken hatte, musste ich noch eine Bauchspiegelung zwischenschieben, um die Zysten und die Endometriose vor Beginn der Hormonstimulation operativ entfernen zu lassen. Das war im Rückblick wirklich heftig. Zwischen Tumor-Op und Chemobeginn sollten bestenfalls nur 4-6 Wochen liegen. Das bedeutete für mich: Maximal 6 Wochen, um mich von der Tumor-Op zu erholen, die Zysten-Op machen zu lassen, die Hormonstimulation durchzuführen (sprich, sich für 10-14 Tage mehrfach täglich selbst Spritzen zu verabreichen), die Eizellen entnehmen zu lassen und mir einen Port für die Chemo implantieren zu lassen. Aber ich habe es geschafft, bin erleichtert und fasziniert, was der menschliche Körper alles schaffen kann.

Wie hast du selbst die Beratung vor deiner Behandlung erlebt – wurdest du überhaupt aufgeklärt, was die Krebsbehandlung mit der Fertilität machen kann?

Ja, das wurde ich. Aber man ist in dieser Phase so durcheinander, dass ich mich mehrfach aufklären lassen musste. Die Ärzte waren zum Glück alle sehr verständnisvoll und haben mir in Ruhe meine Fragen auch zwei oder drei Mal beantwortet. Noch dazu arbeitet in meinem behandelnden Brustzentrum eine super Case Managerin, die mir, als sie von meinen Unsicherheiten gehört hat, umgehend ein Ratgeberheft mit dem Titel „Kinderwunsch und Krebs“ von der Deutschen Krebshilfe zugeschickt hat. Das Heft ist wirklich sehr gut aufgebaut und hat mir geholfen, alle mündlich kommunizierten Informationen nochmal in Ruhe nachzulesen – und das aus einer verlässlichen Quelle.

Wo bekommen Betroffene Hilfe/Unterstützung/Beratung?

Ich würde mich immer erstmal an das eigene Brustzentrum wenden und nicht überstürzt im Internet recherchieren. Ich bin selbst promovierte Film- und Medienwissenschaftlerin, habe jahrelang im Online Marketing gearbeitet und rate gerade deshalb davon ab, alles unreflektiert zu googeln – besonders, wenn es um medizinische Themen geht. Das eigene Brustzentrum kann einen an beratende Ärzte und Institutionen verweisen, verlässliche Quellen nennen und einen auf Wunsch auch mit Patientinnen vernetzen, die selbst eine Kinderwunschbehandlung mit Krebs durchgeführt haben. Als verlässliche Quellen zum selbst nachlesen habe ich die Deutsche Krebshilfe (von der unter anderem der sehr gute blaue Ratgeber „Kinderwunsch und Krebs“ stammt) und das Deutsche Krebsinformationszentrum wahrgenommen.

Welche Kosten kamen durch die Behandlung auf dich zu bzw. gibt es irgendeine Form der finanziellen Unterstützung speziell für Krebspatientinnen?

Das ist ein recht heikles Thema. Die gute Nachricht ist: Es werden Teile der Kosten übernommen. Die schlechte Nachricht ist: Die Kostenübernahme ist, vor allem beim späteren Nutzen der konservierten Eizellen, an Bedingungen geknüpft.

Wenn man als Brustkrebspatientin eine Kinderwunschbehandlung durchführt, zählt das nicht als Social Freezing, sondern als sogenanntes Medical Freezing und das öffnet Türen für Kostenübernahmen: In meinem Fall wurden alle Behandlungskosten (Beratungstermine, OP, Anästhesie etc.) zu 100% übernommen. Auch die Konservierung der Eizellen (rund 300 Euro pro Jahr) erstattet mir meine Krankenkasse, die Barmer (wobei ich mir nicht sicher bin, ob das alle Krankenkassen so machen). Die Medikamente für die Hormonbehandlung dagegen muss man selbst tragen. Das waren immerhin knapp über 1000 Euro. Da ich unglücklicherweise kurz vor meinem Befund meinen Job gekündigt hatte, waren das für mich Kosten, die sich nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln ließen. Ich bin sehr privilegiert und dankbar, weil meine Eltern diese Kosten für mich übernommen haben.

Heikel sind aus meiner Sicht aber vor allem die Regelungen zur Kostenübernahme für die spätere Nutzung der eingefrorenen Eizellen. Hier übernehmen die Kassen 50% der Kosten, wenn man unter 40 und verheiratet ist. Ich wüsste wirklich gerne, wie diese Regelung zustande gekommen ist und begründet wurde. Dass die Erfolgschancen höher sind, je jünger man ist, leuchtet mir ein, aber wieso ich verheiratet sein muss, um meine eigenen Eizellen, die aus medizinischen Gründen entnommen werden mussten, zu nutzen, verstehe ich nicht.

Erkrankt man als junge Frau, ist der Kinderwunsch womöglich noch gar nicht ausgereift – und plötzlich steht man vor so einer lebenswichtigen Entscheidung. Was hat die Diagnose in Bezug auf deine Gedanken hinsichtlich des Kinderwunsches gemacht

Leider hat die Diagnose mich nicht sicherer gemacht. Ich weiß immer noch nicht, ob ich später einmal Kinder haben möchte. Vielleicht ist das auch gar nicht so schlecht, weil auch die eingefrorenen Zellen keine Garantie sind. Mit meinen 9 Eizellen habe ich, meinte meine behandelnde Ärztin vom Reproduktionszentrum, statistisch gesehen eine 60%-ige Erfolgschance, ein Kind zu bekommen. Das ist ok, aber auch nicht super. Momentan bin ich aufgrund meiner Antihormonbehandlung, die Teil meiner Krebstherapie ist, für die nächsten 5 Jahre in den Wechseljahren. Wenn alles vorbei ist, bin ich 38. Wer weiß: Vielleicht kann ich dann sogar ohne die eingefrorenen Eizellen noch schwanger werden. Vielleicht hat sich mein unklarer Kinderwunsch bis dahin aber auch in ein klares „Nein“ verwandelt. Ich weiß es schlichtweg nicht. Aber die Diagnose hat mich auf jeden Fall dazu gezwungen, mich für oder gegen eine vorsorgliche Eizellentnahme zu entscheiden und das war, im Rückblick, für mich persönlich sehr gut und entlastet mich.

Abschließend: Welchen persönlichen Tipp würdest du jungen erkrankten Frauen mit Kinderwunsch mitgeben?

Mit Tipps tue ich mir in diesem Fall sehr schwer. Tipps in medizinischen Fragen sollten nur Ärzte geben. Und damit wäre auch schon der einzige Tipp, der von mir kommen darf, genannt: Geht zu euren Ärzten, lasst euch aufklären, im Zweifel mehrfach, bis ihr alles verstanden habt und die für euch richtige Entscheidung treffen könnt.

Mehr von Laura könnt ihr auf ihrem Blog lesen: https://laura-fazio.de/

Physiotherapeutische Behandlungen nach Brustkrebsoperation

Physiotherapeutische Behandlungen nach Brustkrebsoperation

Gastbeitrag von Elisabeth Josenhans, Physiotherapeutin

Nach einer Brustkrebsoperation kann es zu unterschiedlichen Beschwerden kommen, die mit physiotherapeutischer Behandlung gut zu beeinflussen sind. Schon in der Klinik werden Ihnen die ersten hilfreichen Übungen gezeigt, um die Armbeweglichkeit wieder herzustellen. Sollten Sie unter anhaltenden Problemen leiden, zögern Sie nicht Hilfe in Anspruch zu nehmen! Ihr behandelnder Arzt kann Ihnen ein entsprechendes Rezept ausstellen.

Inhaltsverzeichnis

Bei folgenden Symptomen können wir Physiotherapeuten Ihnen helfen:

Strangartige Veränderungen

Strangbildungen zeigen sich meist in der Achsel und der Innenseite des betroffenen Armes. Diese sind oft verbunden mit ziehenden Schmerzen. Bei diesen Strängen, auch Geigensaitenphänomen oder AWS/ Axillary Websyndrom genannt, handelt es sich um Lymphbahnen, die sich verhärten können, nachdem sie bei der Lymphknotenentfernung durchtrennt wurden. Dies kann zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung des betroffenen Armes führen. Da die Lymphknoten der Achsel von Lymphbahnen nicht nur aus dem Arm, sondern auch aus der Brust und  der Flanke angelaufen werden, kann es zu Veränderungen in all diesen Bereichen kommen. Während in der Achsel und Ellbogeninnenseite ein Strang sichtbar ist, zeigt er sich im Brustbereich und Oberarm als Einziehung.

Dieses Phänomen kann sehr erschreckend und schmerzhaft sein, ist aber gut behandelbar. Die physiotherapeutische Behandlung löst unter anderem mit Fascientherapie die Stellen, an denen die verhärteten Lymphbahnen im Gewebe, meist an einer Narbe, fixiert sind.  Durch die Behandlung werden die Stränge in ihrem Verlauf gedehnt und mobilisiert.

Das führt binnen kurzem zu großen Erleichterungen für die Patientinnen.

Probleme mit der Narbe

Eine Narbe kann zu starker Spannung durch Fixierung am umliegenden Gewebe führen. Dies kann zu Bewegungseinschränkungen und Schmerzen führen.

Vor allem eine große Narbe, wie sie nach einer Brustentfernung entsteht, kann zu großen Problemen führen. Auch bei einem Brustaufbau mit Eigengewebe kann es an der Entnahmestelle zu Fixierungen kommen.

Narbentherapie ist ein spezieller Bereich in der Physiotherapie, in der eine Lösung und Entspannung der fixierten Narbe erreicht werden kann. Wir arbeiten neben manuellen Grifftechniken auch mit Schröpfgläsern. Der Vorteil des Schröpfens besteht darin, das Gewebe mit effektivem Zug aus der Tiefe zu mobilisieren.

Nach einer Brustentfernung ohne Rekonstruktion ist der Verlust der Brust besonders schwer zu verkraften. Hier können wir Physiotherapeuten Ihnen helfen, durch Berührung und Behandlung der Narbe, mit der neuen Situation umzugehen.

Schmerzen im Brustmuskel nach Bestrahlung

Durch die Bestrahlung können sich die Muskeln unter der Brust, der m. pectoralis major und minor, verändern. Sie sind dann weniger dehnfähig und können schmerzen. Dies kann zu einer Schonhaltung und zu  schmerzbedingter Einschränkung der Armbeweglichkeit führen. Mit physiotherapeutischer Behandlung kann  die reduzierte Elastizität der Muskulatur sehr gut beeinflusst werden. Sie können die wieder erlangte Beweglichkeit durch tägliche Dehnübungen erhalten.

Schmerzen unterhalb der Achsel

Viele Frauen erleben, dass das Liegen auf der betroffenen Seite noch lange nach der Operation schmerzt oder nicht möglich ist. Auch das Tragen eines  BH´s kann Probleme verursachen. Es wird vermutet, dass diese Schmerzen durch Verklebungen von Fascienschichten verursacht werden. Nach dem Ziehen der Drainage gibt der Körper noch eine gewisse Zeit Wundflüssigkeit ab. Durch die Schwerkraft verbreitet sich diese sehr eiweißhaltige und „klebrige“ Flüssigkeit zwischen den Gewebsschichten. Unter der Achsel muss dieses Gewebe aber sehr gut gleitfähig  sein, da sonst die Armhebung nicht möglich wäre.

Schwellung des Armes/ der Brust/ des Bereiches unter der Achsel

Lymphödeme sind glücklicherweise durch die schonende „Sentinel Lymphknotenentfernung“ seltener geworden. Wenn sich trotzdem Schwellungen einstellen sollten, zögern Sie bitte nicht, eine Lymphdrainage in Anspruch zu nehmen.
Sollten Sie mehr als 10 Lymphknoten verloren haben und/oder die Achsel bestrahlt worden sein, achten Sie bitte auf folgende Hinweise:

  • Keine direkte Sonneneinstrahlung auf die betroffene Brust und den Arm, riskieren Sie niemals einen Sonnenbrand!
  • Saunabesuche bitte langsam mit beginnend niedriger Temperatur steigern und auf Schwellung achten.
  • Keine Einschnürungen durch enge Ringe, Uhr oder einen engen Pullover.
  • Keine Blutdruckmessung auf der betroffenen Seite.
  • Sport ist sehr zu empfehlen! Sehr gut ist Schwimmen und Ausdauersport. Vorsicht bei intensivem Kraftsport mit Gewichten und längeren Stützübungen
  • Verletzungen vermeiden. Dies betrifft z.B. Blutentnahme auf der betroffenen Seite

Kapselfibrose nach Implantat

Der Körper überzieht den „Fremdkörper“ Implantat mit einer Gewebeschicht (Kapsel), um diesen zu integrieren. In seltenen Fällen kann es dabei zu einer Kapselfibrose kommen. Um diese Kapsel elastisch zu erhalten, zeigen wir Physiotherapeuten Ihnen einfache Massagegriffe.

Das  Berühren der neuen Brust wird Ihnen anfangs eventuell unangenehm sein, hilft Ihnen aber auch, die neue Situation zu begreifen und Ihre Brust anzunehmen.

Linda Mummenthal-Loer und Kristina Welch

Wandermarathon

Mit Sieben-Meilen-Schritten zurück ins Leben

Linda Mummenthal-Loer und Kristina Welch

Wir sind ganz stolz darauf, dass PINK! zur Erfolgsgeschichte zweier Patientinnen beitragen konnte. Denn die Infos aus dem gemeinsamen Podcast von Prof. Dr. Pia Wülfing und Gabriele Kob haben Linda und Kristina einen ganz besonderen Motivationsschub verpasst. Die beiden Freundinnen lernten sich in der Reha kennen und trainierten nach OP, Chemotherapie und Bestrahlung gemeinsam für einen Wandermarathon – und das, obwohl sie durch ihre unterschiedlichen Wohnorte eine räumliche Distanz von knapp 180 Kilometern trennte. In diesem Beitrag erzählen sie von ihrem Erfolg und was ihnen die nötige Motivation verliehen hat.

„Hast du Lust, im Frühjahr gemeinsam mit mir einen Wandermarathon zu absolvieren?“, fragte Linda Mummenthal-Loer ihre Freundin Kristina Welch im Herbst 2022. Was zunächst wie eine Schnapsidee klang und von ihren Ehemännern belächelt wurde, nahm zunehmend Gestalt an.
Zur Vorbereitung schnappten sie sich nun regelmäßig ihre Nordic-Walking-Stöcke – die eine in Mainz, die andere in Stuttgart. Ihr Ziel: Die Runden nach und nach zu vergrößern und sich so an die Marathondistanz heranzuarbeiten. Dabei waren sie auch über die App ihrer Fitnessuhren verbunden, konnten sehen, wie die andere trainiert hatte. Und sich gegenseitig anspornen, wenn es mal nicht so lief.

Dass die zwei Freundinnen es überhaupt so weit schaffen würden, war nicht von Beginn an klar. Beide waren im Herbst 2021 wegen ihrer Brustkrebserkrankung operiert worden und bekamen danach noch Chemotherapie und Bestrahlung. Im Sommer 2022 schlossen sie diese anstrengende Zeit mit einer Anschlussheilbehandlung in Bad Überkingen ab, wo sie sich auch kennenlernten. Diese auf jüngere Brustkrebspatientinnen spezialisierte Reha-Klinik empfanden beide als echten Glücksfall: „Das Sportprogramm war großartig und motivierte mich, es in meinen Alltag zu integrieren“, erzählt Linda, die seitdem zwei Mal pro Woche Mobilität, Kraft und Ausdauer im Rahmen von T-Rena trainiert. Und Kristina ergänzt: „Anfangs hatte ich gehörigen Respekt davor, auf lauter ‚Gleichgesinnte‘ zu treffen. Aber trotz der schwierigen Zeit, die hinter uns lag, konnten wir viel miteinander lachen und uns gegenseitig Tipps geben.“

Sportlich aktiv war sie schon vor ihrer Erkrankung. Kristina hielt sich mit Schwimmen fit, war durch die Corona-Pandemie aber ein wenig aus dem Tritt gekommen. Doch schon während der Chemo begann sie, wieder regelmäßig schwimmen zu gehen. Der Anstoß dafür kam übrigens vom PINK! -Podcast zur Chemotherapie und dem dortigen Mantra „Sport, Sport, Sport“. Denn zu Beginn der Chemotherapie fühlte sich die damals 49-Jährige oft müde und merkte, dass sie gegen die beginnende Fatigue etwas tun musste. Das Schwimmen half ihr, wieder in Schwung zu kommen. Von Woche zu Woche fühlte sie sich besser, auch wenn ihre sportliche Leistungsfähigkeit – insbesondere unter Paclitaxel – erst einmal in den Keller ging.

So ging der Marathon aus

An einem Samstag im April machten sich die beiden gemeinsam mit rund 35 Mitwanderern auf den Weg – den „Kleinen Mainzer Höhenweg“ der DAV Sektion Mainz. Bei herrlichem Frühlingswetter wanderten sie durch Kiefernwälder, über Weinberge und schließlich am Rhein entlang, im Hintergrund immer wieder das Hochhaus des ZDF und die Skyline von Frankfurt. Die Gruppe schlug trotz mancher Höhenmeter ein zügiges Tempo an, bei dem beide anfangs gut mithalten konnten. Doch nach rund einem Drittel der Strecke bekam die ein Jahr jüngere Linda Blasen an den Füßen, die zunächst zwar gut versorgt wurden, aber sich doch immer stärker bemerkbar machten. So stieg sie schließlich nach rund 8h30 min (!) und 33 km aus. Nach weiteren zwei Stunden erreichte Kristina mit der inzwischen auf gut die Hälfte geschrumpften Gruppe das Ziel in der Mainzer Altstadt, erschöpft, aber glücklich: „Auch wenn Linda es nicht ganz geschafft hat, sind wir unglaublich stolz auf das Erreichte!“ Linda hat auch schon die nächste Herausforderung ins Visier genommen: Im Juni will sie mit ihrer Tochter beim Muddy Angel Run starten.

Die Geschichte von Linda und Kristina beeindruckt Sie und Sie haben Lust, den beiden nachzueifern? Dann kann unsere App PINK! Coach Sie dabei unterstützen, Ihre (sportlichen) Ziele zu erreichen. Dort stellen wir Ihnen in Form von täglich wechselnden Zielen ein individuelles Bewegungsprogramm mit gezielten Übungen zur Linderung der Nebenwirkungen, ein Ernährungskonzept mit über 1.000 Rezepten und ein umfangreiches Achtsamkeitsprogramm zur Verbesserung Ihres Wohlbefindens zusammen. Ergänzend können Sie an unseren regelmäßig stattfindenden Webinaren teilnehmen, in denen sich PINK! -Gründerin Prof. Dr. Pia Wülfing mit namhaften Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen zu vielen Fragen rund um das Thema Brustkrebs austauscht. Als Nutzerin der App können Sie alle Webinare verfolgen und bald dort auch die Aufzeichnungen der Webinare jederzeit noch einmal anschauen.

PINK! Leben Studie

Online-Studie zum psychoonkologischen Kurs PINK! Leben startet bald

Illustration von 4 Frauen mit rosa Bändchen am Brustk

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie kann der psychoonkologische Online-Kurs PINK! Leben kostenfrei von Brustkrebspatientinnen genutzt werden. Mit der Studie wollen wir nachweisen, dass der Online-Kurs PINK! Leben Betroffenen helfen kann. Ihre Studienteilnahme ermöglicht, die Versorgung von Brustkrebspatientinnen zu verbessern und digitale Innovationen im Gesundheitssystem zu fördern. Gleichzeitig tragen Sie zum wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn bei. Die Studie wird 100% online von zu Hause am Computer oder Tablet durchgeführt, also flexibel und ohne feste Termine.  Schreiben Sie uns gerne eine Email an studie@pink-brustkrebs.de, wenn Sie über den Studienstart informiert werden möchten.

frag-pink-exklusiv-smollich-mai-2023

Frag doch mal PINK! – Exklusiv Mai 2023

Frag doch mal PINK! - EXKLUSIV

frag-pink-exklusiv-smollich-mai-2023

Wir gehen in die nächste Runde! Am 10.05.2023 findet unser zweites EXKLUSIV-Webinar für die Nutzerinnen der App PINK! Coach statt. Um 20 Uhr wird Professor Dr. Martin Smollich vom Institut für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein im Gespräch mit Prof. Dr. Pia Wülfing praktische Ratschläge zum Thema Ernährung bei Brustkrebs geben. Im Anschluss bleibt ausreichend Zeit für Ihre Fragen.

An diesem Webinar können alle Nutzerinnen der App PINK! Coach teilnehmen. In der Infothek der App erhalten Sie weitere Infos zur Anmeldung. Dort können Sie auch im Vorfeld Fragen an unseren Experten stellen. Wir werden versuchen, all Ihre Fragen im Webinar zu beantworten.

NEU: Die Aufzeichnung vom letzten EXKLUSIV-Webinar mit Prof. Dr. Maatouk ist nun für Sie in der Infothek der App verfügbar. Weitere Aufzeichnungen folgen!

Sie haben noch keinen Zugang zur App? Lassen Sie sich PINK! Coach von Ihrem Arzt auf Rezept verschreiben, reichen Sie das Rezept bei Ihrer Krankenkasse ein und Sie erhalten einen Freischaltcode.

linda-schwanger-brustkrebs

Schwanger und Brustkrebs

Schwanger und Brustkrebs

Interview mit Linda
linda-schwanger-brustkrebs
Eigentlich verläuft ihre zweite Schwangerschaft ganz normal. Bis zu diesem einen Tag, als Linda im 4. Monat die Diagnose Brustkrebs erhält – und direkt mit der Therapie beginnen muss. Wie die 35-Jährige diese Zeit der Angst um ihr ungeborenes Kind erlebt hat, wie sich die Krankheit auch heute noch auf ihre Erziehung auswirkt und was sie anderen werdenden Mamas mit der Diagnose rät, lest ihr in unserem Interview.

Was geht einem als werdende Mama durch den Kopf, wenn man während der Schwangerschaft so eine Diagnose bekommt?

Schwer zu erklären, denn in so einem Moment des Lebens rechnet man einfach überhaupt nicht damit, dass einem im nächsten Atemzug gesagt wird, man sei an Krebs erkrankt. Es ist total surreal und doch schießt ein Gedanke dabei ganz schnell in den Kopf: Ich will nicht sterben. Ich will nicht, dass meinem ungeborenen Kind etwas geschieht. Werde ich meine Kinder aufwachsen sehen? Ich habe Angst! Aber ganz schnell wird einem auch klar: Ich will leben! Für mich. Für meine Kinder. Für meinen Mann. Für uns! Also geht man diesen Weg. Man vertraut auf die Aussagen der Ärzte. Man funktioniert einfach.

Welche Folgen fürs ungeborene Kind hätte deine Behandlung haben können?

Laut Aussagen und Erfahrungen meiner behandelnden Gynäkologen hätte es laut aktuellen Studien wohl passieren können, dass unser Kind leichter oder etwas kleiner zur Welt kommt. Da ich mit dem 5. Schwangerschaftsmonat jedoch schon über das 1. Trimester hinaus war, stand ein Glück nicht mehr die erhöhte Gefahr einer Fehlgeburt, schwerer Komplikationen oder gar Entwicklungsstörungen im Raum. Natürlich weiß man im Allgemeinen nie, wie eine Schwangerschaft/Geburt verläuft und man hat auch als gesunder Mensch nie die absolute Garantie auf ein gesundes Kind, jedoch hat mir diese Aussage sehr viele Sorgen in Bezug auf meine anstehende Therapie genommen.

Konntest du die Schwangerschaft trotzdem noch genießen und wer/was hat dir dabei geholfen?

Ich muss sagen, dass ich eigentlich zwei absolute Bilderbuchschwangerschften erleben durfte. Ich habe es geliebt, schwanger zu sein. Mir ging es weder schlecht, noch hatte ich irgendwelche großen Probleme. Leider rückte meine zweite Schwangerschaft mit all ihren zauberhaften Momenten durch die Diagnose Krebs mehr als nur in den Hintergrund. Sie lief nun nebenher. Fokus war nun ein anderer. Leider. Ich war froh, dass mich meine Gynäkologin nun sehr engmaschig untersuchte und ich in regelmäßigen Abständen erfahren durfte, dass sich unser Kind so entwickelt, wie es sein sollte. Das hat so viele Sorgen abgefangen. Denn egal, wie sehr man es sich wünschen würde, man kann sein Ungeborenes in dieser Zeit einfach nicht aktiv beschützen. Man kann nur hoffen, dass sich alle Aussagen bewahrheiten und die Chemotherapie ihm nichts anhaben würde.

Mein größter Fels in der Brandung war neben unserem ersten Sohn mein Mann in dieser Zeit. Er ist mit mir jeden Weg gegangen. Durch jede Sorge. Durch jede Angst. Er hat nie aufgehört, zu hoffen. Nie aufgehört, positiv in die Zukunft zu blicken. Ich und an Krebs versterben – niemals. Diese Option ließ er in keinerlei Gedanken zu. Und wenn ich mich doch mal in meinen Sorgen verlor, holte er mich mit all seiner Liebe ganz schnell wieder dort hinaus. Ohne ihn hätte ich diesen Weg ganz sicher nicht so bewältigt, wie ich es am Ende getan habe. Wir waren schon immer ein Team, aber seit dieser Diagnose nun ganz sicher unschlagbar.

Wie wirkt sich deine Erkrankung bzw. deine laufende Therapie heute noch in Bezug auf deine Kinder aus?

Ich muss ehrlich gestehen, dass mir heute der für mich damals so selbstverständliche „lange Atem“ fehlt. Die Antihormontherapie und die noch vorhandenen Nebenwirkungen der Akuttherapie schränken mich körperlich, aber auch emotional noch sehr ein, sodass ich auch viel schneller gestresst bin und an meine Grenzen stoße. Ich erkenne mein eigentliches Wesen hier überhaupt nicht mehr wieder, was mich wiederum sehr traurig macht, denn ich weiß, dass ich damals viel besser mit stressigen Situationen umgehen konnte. Viel entspannter und nicht so schnell in Rage zu bringen war. Um das abzufedern, drücke ich auf alle Fälle nun eher mal ein Auge zu, versuche Dinge nicht zu eng zu sehen und handle einfach so, wie es uns als Familie gut geht und unnötigen Stress minimiert. Da wir hier keine Familie haben und unsere Kinder zu Hause, ist es aktuell noch sehr schwer, mir persönliche Freiräume zu schaffen. Sobald sie jedoch in den Kindergarten und die Krippe gehen, steht das an oberster Stelle. Ich brauche mehr als dringend diese Zeit für mich – zum Regenerieren, zum Verarbeiten, zum Wohlfühlen und einfach wieder ein Stück weit mehr Ich werden können.

Erziehst und behandelst du deine Kinder anders, als du es ohne deine Diagnose gemacht hättest?

Ich würde nicht sagen, dass ich sie anders erziehe oder behandle, als ich es vielleicht ohne Diagnose getan hätte. Unsere Kinder werden geliebt und das erfahren sie jeden Tag aufs Neue. Und dass sie genau das niemals vergessen, ist uns als Eltern einfach so unendlich wichtig. Vielleicht sag ich ihnen heute noch ein bisschen öfter, wie sehr ich sie doch liebe. Einfach, weil ich nun am eigenen Leib erfahren habe, wie schnell das Leben anders spielen kann und ich möchte, dass sie genau das in Bezug auf ihre Mami niemals vergessen. Wenn sie sich später auch mal an nichts mehr aus dieser Zeit erinnern können, will ich, dass sie trotzdem immer wissen, dass sie unendlich geliebt wurden.

Was würdest du anderen werdenden Mamas, die soeben die Diagnose Brustkrebs bekommen haben, mit auf den Weg geben wollen?

Auch wenn alles erstmal ausweglos erscheint: Es gibt einen Weg. Und es lohnt sich, diesen zu gehen. Einerseits natürlich für sich selbst, aber eben auch für diese wundervollen kleinen Wesen, die uns durch ihr einfaches Sein innerhalb von Sekunden so viele Sorgen nehmen können. Man mag denken, die Krebstherapie mit Kindern sei anstrengend: Ja, das ist sie wirklich, und das nicht zu wenig. Aber es ist auch nicht unmöglich. Und wir haben dabei tagtäglich jemanden, der/die uns zeigt, wie wertvoll es ist, nicht aufzugeben, und uns dabei hilft, dass wir uns niemals in diesem Loch voller Sorgen verlieren. Jemand, der/die uns immer wieder aufs Neue zeigt, wie sehr es sich lohnt diesen Weg zu gehen. Unsere kleinen Wunder bewirken oft auch die größten Wunder.

dos-and-donts

Was sich Krebspatientinnen von ihrem Umfeld wünschen

Was sich Krebspatientinnen von ihrem Umfeld wünschen

Nicole Kultau | 13. April 2022
dos-and-donts
Die Diagnose Brustkrebs stürzt auch Angehörige, Partner*innen und Freund*innen der Betroffenen in eine emotionale Ausnahmesituation und kann zu großer Verunsicherung im Umgang mit einem Herzmenschen führen. Nicole, Schreiberin des Blogazins „Prinzessin uffm Bersch“ erklärt, was sich Krebspatient*innen von ihrem Umfeld wünschen, und welche Phrasen unnötig sind.

Do’s

  • Betrachtet den an Krebs erkrankten Menschen weiterhin als die Person, die sie ist und immer für euch war. 
  • Meldet euch bei eurem Herzmenschen. Ruft sie an, sendet ihr eine Text- oder Sprachnachricht, auch wenn sie auf die letzte Nachricht nicht reagierte. Denn nicht immer wird es Betroffenen unter einer Therapie möglich sein, sich zeitnah zurückzumelden. Falls die betroffene Person gerade nicht über ihre Situation reden möchte, akzeptiert dies. Denn die Frage: „Wie geht’s dir?“, fällt vielen im Verlauf ihrer Therapie zunehmend schwer zu beantworten. Fragt lieber: „Magst du erzählen, wie es dir gerade geht oder wollen wir ein anderes Thema wählen?“
  • Verzeiht euren Herzmenschen, wenn sie bei manchen Gesprächen abwesend wirken oder euch nicht gut folgen können. Chemotherapien, therapiebegleitende Medikamente oder Schmerzen setzen Patientinnen kognitiv oft schwer zu.
  • Versprecht nicht vage, dass ihr bei Gelegenheit auf einen Besuch vorbeikommen möchtet, sondern verabredet euch. Seid aber auch nicht nachtragend, wenn eine Verabredung kurzfristig abgesagt wird. Denn wenn es einer Betroffenen gestern noch gut ging, kann ihr heute die Kraft für einen Besuch fehlen.
  • Falls ihr euch unsicher seid, wie ihr eine Betroffenen während ihrer Behandlung unterstützen könnt, probiert selbstgebastelte Gutscheinhefte aus. Aus diesen Unterstützungsangeboten kann euer Herzmensch bei Bedarf frei wählen, wie zum Beispiel:

Wohnung oder Fenster putzen
Unterstützung bei der Gartenarbeit
Einkaufen gehen oder kochen erwünscht
Die Kinder zum Sport oder zur Schule fahren oder mit ihnen einen Ausflug machen…
Begleitung zur Chemotherapie oder zu einem wichtigen Arztgespräch erwünscht?
Einmal „Wünsch dir was“ frei – und Ähnliches mehr!

  • Verschenkt kleine Aufmerksamkeiten, die eurem Herzmenschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Das können kleine Mutmachkarten oder ein Buch sein, aber auch eine weiche Decke oder flauschige Kuschelsocken.
  • Versucht nicht, Betroffenen ihre Gefühle auszureden. Seien es Trauer, Wut oder schwarzer Humor. Vor allem Letzterer hilft Patientinnen oft, die Therapie und die aktuelle Lebenssituation besser durchzustehen.
  • Schenkt den Angehörigen einer Erkrankten Halt, ein offenes Ohr und ehrliche Anteilnahme. Denn viel zu oft werden sie nicht gefragt, wie es ihnen geht. Ermöglicht ihnen kleine Auszeiten oder Ruheinseln, denn ihre Aufgabe an der Seite eines an Krebs erkrankten Menschen ist sehr vielschichtig und bedeutet eine enorme psychische Belastung für die gesamte Familie.
  • Passt in dieser Zeit aber auch gut auf euch auf und schultert keine Lasten, die ihr nicht tragen könnt. Sprecht euch mit der Betroffenen und ihrer Familie ab. Wie und wann kann man unterstützend begleiten, wer kann zusätzlich helfen? Gründet zum Beispiel eine WhatsApp-Gruppe, in der sich Vertrauenspersonen austauschen und schnelle Hilfe organisieren können, wenn diese gebraucht wird.

Don’ts 

  • Erklärt der Betroffenen nicht, sie hätte sich ihre Erkrankung ausgesucht oder solle sie als Chance für ihr Leben betrachten. Oder dass sie an Krebs erkrankt sei, weil sie einen immensen Fehler in ihrem Leben begangen hätte, innere Konflikte ihre Erkrankung auslösten, sie ein Problem mit ihrem Frausein oder zu viel Stress in ihrem Alltag hätte oderÄhnliches.
  • Wenn ein Mensch an Krebs erkrankt, dann, weil sich Zellen in seinem Körper unkontrolliert teilen und entsprechende Schutzmechanismen nicht mehr wirken. Je älter ein Mensch wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich aus diesen Zellen Krebs entwickelt. Meistens ist Krebs für den Betroffenen und seine Familie einfach nur eins – unglaubliches Pech…
  • Argumentiert einer Betroffenen gegenüber nicht, dass auch ihr jederzeit an einem Herzinfarkt oder Unfall sterben könntet. Der gravierende Unterschied zwischen euch beiden lautet: Sie kämpft genau jetzt, in diesem Moment, um ihr Leben und nicht nur in hypothetischen Gedankengängen.
  • Absolutes No-Go: Erwähnt nicht, wie viele Menschen ihr kennt, die an Krebs erkrankten, wie schlecht sie die Therapien vertrugen und im schlimmsten Fall: Wer alles an Krebs verstorben ist!
  • Ratschläge können Schläge sein: Tipps zu einem besseren Lebenswandel oder Hinweise zu Wunderheilern oder Wundermittelchen, die eurer Meinung nach dabei helfen könnten, den Krebs zu besiegen – erspart sie Betroffenen. Meist bewirken sie nur eines: große Verunsicherung! Die meisten Wunderanbieter zielen ohnehin nur auf eines ab: Wie sie den größten Gewinn aus dem Leid eines an Krebs erkrankten Menschen erzielen können!
  • Fragt eure Freundin nicht, wie sie den Kampf gegen den Krebs bewältigt und dabei noch so gut aussehen kann! Ihre schönen roten Wangen sind nicht selten eine Nebenwirkung des Cortisons. Oder wie sehr ihr eure Freundin bewundert, wie stark und mutig sie ihren Weg bewältigt, wie es euch niemals möglich wäre. Seid euch gewiss: Das Leben fragt nicht danach, ob jemand stark genug für den Lebensweg mit Krebs ist.
andy-engel

Interview mit Andy Engel

Wir wollen den Frauen ein Stück weit Normalität zurückgeben.

Interview mit Tätowierer Andy Engel
andy-engel

Andy Engel gilt weltweit als einer der besten Tätowierer für Fotorealismus. Seit 2008 hat er sich mit seinem Unternehmen „medbwk” auf die fotorealistische Brustwarzenrekonstruktion spezialisiert, um an Brustkrebs erkrankten Frauen ein Stück weit ihr Lebensgefühl zurück zu geben.

PINK! verriet er im Interview, wie es zu dieser Entscheidung kam, warum nicht jeder Tätowierer das Zeug für diese Art von Tattoos hat und welche Voraussetzungen vorliegen müssen, um die Brustwarze mithilfe eines Tattoos rekonstruieren zu lassen.

Welche persönliche Intention steckt hinter der Idee, Brustwarzen-Tattoos zu stechen?

Andy Engel: Vor 14 Jahren kam eine 60-jährige Frau zu mir in den Laden, die meine Porträt-Tattoos kannte. Sie war der Meinung: Wenn ich Portraits machen kann, kann ich auch Brustwarzen stechen. Sie selbst hatte durch Krebs und ihre Brust-OP eine verloren und wollte sie gerne wiederhaben. Und so ist das alles entstanden. Und die Reaktionen der Kundinnen haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, dass ich das mache. Mit jeder Frau, die im Studio war und der wir helfen konnten, hat sich das mehr gesteigert. Im Prinzip wollen wir also den Frauen ein Stück weit Normalität zurückgeben und sie dabei unterstützen, zurück ins Leben zu finden. Wie wertvoll dieser letzte Schritt ist, sieht man bei jeder einzelnen Frau. Inzwischen tätowiere ich  rund 250 Frauen im Jahr. 

Kann jeder gute Tätowierer Brustwarzen-Tattoos machen oder wo genau liegen die feinen Unterschiede?

Jeder Tätowierer, der fotorealistisch in 3D tätowieren kann, kann theoretisch auch diese Tattoos machen. Der größte Knackpunkt dabei ist, dass man auch das handwerkliche Know-How drauf haben und genau wissen muss, welche Farben man dafür verwendet. Denn der 3D-Effekt ist bei den meisten Tätowierern  nach vier bis sechs Monaten wieder verschwunden, weil Farben nicht halten bzw. weil das „Handwerk” nicht korrekt passt. Hinzu kommt, dass durch die Operationen, Bestrahlungen und Narben  so viel Gewebe kaputt ist, dass es wesentlich schwerer ist, auf dieser Haut zu tätowieren. Es treten somit viele Probleme auf, die man bei gesunder Haut gar nicht erst hat, dass man schon viel Erfahrung braucht, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Unter anderem dunklen Pigmente bei Bestrahlungen nach oder sind unmittelbar nach dem Tätowieren nicht zu sehen – wohl aber nach dem Abheilen. Nach einer Bestrahlung ist die Haut sowieso komplett manipuliert, damit muss man umgehen können. Denn auf bestrahlter Haut gehen Farben in Richtungen, die man nicht erwartet hätte. Auch braucht man  spezielle Farben, Nadeln und Maschinen, um bei solchen Voraussetzungen diesen realistischen Effekt zu erzielen. Ich wusste zu Beginn zum Beispiel auch nicht, dass Narben die Möglichkeit haben, einzelne Pigmente anzustoßen. Deshalb habe ich im Laufe der Zeit spezielle eigene Farbtöne entwickelt, die unter anderem Narben retuschieren können, ohne dass die Narben nach dem Abheilen orange aussehen. Es war einfach viel „learning by doing”  bis dorthin, wo wir jetzt sind. Dementsprechend sollte diese Tattoos jemand mit viel Erfahrung stechen. Bei mir hat sich das durch die langjährige Zusammenarbeit mit Ärzten aus verschiedenen Bereichen wie Gynäkologen, Plastischen Chirurgen und Hautärzten ergeben, die uns mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ohne Ärzte im Hintergrund, auf die ich vertrauen kann, würde ich das so auch nicht machen.

Wie genau funktioniert die Brustwarzenrekonstruktion mittels Tattoo Schritt für Schritt?

Am Anfang steht die persönliche oder telefonische Beratung. Wir schauen die Brust an und beratschlagen, was individuell gemacht wird. Sofern die eine Brust noch erhalten ist, orientieren wir uns an der Brustwarze der gesunden Brust, um Form und Farbe möglichst anzugleichen. Muss die Brustwarze beidseitig rekonstruiert werden, können wir auf einen Katalog mit Bildern von natürlichen Brustwarzen zurückgreifen. Aus den Vorlagen suchen wir zusammen mit der Kundin dann die passende Brustwarze aus und passen sie  individuell an. Schließlich geht es an die Farbauswahl und natürlich werden alle Schritte mit der Kundin genauestens abgestimmt, damit sie genau das Ergebnis bekommt, was sie haben möchte. Das Stechen des Tattoos selbst dauert nur 60 Minuten, der ganze Termin nimmt drei bis vier Stunden in Anspruch. Vier Monate später wird nachkontrolliert und gegebenenfalls nachgearbeitet. Diese Kontrolltermine wiederholen wir nötigenfalls so oft, bis die Kundin zufrieden ist. Aber bei 70 Prozent der Frauen ist es mit einer einzigen Nachkontrolle getan.

Wann nach der OP kann man frühestens ein Brustwarzen-Tattoo machen lassen und welche Voraussetzungen müssen vorliegen?

Das Tätowieren der Brustwarze ist frühestens sechs Monate nach Abschluss der Behandlung möglich. Meine Empfehlung liegt sogar eher bei 1 – 1,5 Jahre nach der OP. Dann sind die Narben entspannt und richtig abgeheilt.  Schließlich kann Narbengewebe noch bis zu zwei Jahre lang arbeiten und sich verändern.

Wo liegen die Kosten für ein Brustwarzen-Tattoo und wird es von den Krankenkassen übernommen?

Bei uns zahlen die Frauen seit 14 Jahren 1666 Euro für ein solches Tattoo.  Alle weiteren Kosten, die innerhalb der ersten 1,5  Jahre beim  Nacharbeiten des Tattoos nötig sind, übernehmen wir von der „Andy Engel medbwk GmbH”. Da die Wundheilzeit der Haut 1-1,5 Jahre beträgt, kann man auch erst nach dieser Zeit sehen, ob das Tattoo wirklich passt und das ist natürlich unser Ziel: Eine glückliche, zufriedene Kundin. Nach diesen 1,5 Jahren ändert sich auch normalerweise nichts mehr an der Farbe oder vielmehr an der Farbintensität, außer natürlich nach weiteren Operationen, Hautveränderungen, oder wenn die Kundin zu oft in die Sonne oder ins Solarium geht.  Nach 14 Jahren ist es uns gemeinsam mit vielen Ärzten und viel Aufklärungsarbeit mit den Krankenkassen gelungen, dass über 60 Prozent aller Kassen die Kosten übernehmen. Um die 20 Prozent zahlen anteilig und nur einige wenige zahlen gar nichts.  Aber wir arbeiten daran: versprochen!